Auswirkung der Einführung agiler Arbeitsweisen auf Leitende und Sprecherausschüsse

Agiles Arbeiten

Viele Unternehmen befinden sich – komplett oder teilweise/punktuell – in einem tiefgreifenden Verän­derungsprozess hin zu einer agilen, selbstorganisierten Arbeitswelt. Im Zuge dieses Prozesses verän­dern sich Organisationsstrukturen, Rollen, Führung sowie Führungskultur und Partizipation. Arbeits­beziehungen und Arbeitsweisen werden weiterentwickelt und neu bestimmt. Diese Veränderungen befinden sich vielfach noch am Anfang, so dass sich unternehmensintern häufig noch keine fertigen neuen „Zustände“ eingespielt haben.

Susanne Burmester

Auch in den relevanten rechtlichen/gesetzlichen Be­stimmungen (insb. Betriebsverfassungsrecht und Sprecherausschussgesetz) haben diese noch keine Berücksichtigung gefunden.

In den Unternehmen, die bereits begonnen haben, agile Arbeitsweisen einzuführen und umzusetzen, variieren die Methoden, die zur Agilität führen sollen, stark von­einander. Und auch innerhalb eines Unternehmens wer­den häufig diverse unterschiedliche Vorgehen gewählt.

Die Deutsche Bahn AG z. B. versteht Agilität als „eine fle­xible, schlanke und vor allem kundenorientierte Orga­nisationsgestaltung“, um schneller auf Änderung von Umwelt- und Marktbedingungen reagieren zu können. In ihrem Verständnis umfasst Agilität sowohl Arbeits­methoden, Zusammenarbeitsformen, Prozesse als auch Organisationsstrukturen. Hiervon sind dann in der Regel auch Leitende Angestellte betroffen.

Arbeitsbeziehungen und Arbeitsweisen werden weiterentwickelt und neu bestimmt

Im November 2020 hat der DFK, vertreten durch Nils Schmidt, zusammen mit Susanne Burmester, langjähri­ges Sprecherausschussmitglied der Deutsche Bahn AG, im Rahmen der ersten digitalen Führungskräfte-Woche einen einstündigen Workshop mit dem Fokus auf die Auswirkungen der Veränderungen hin zu einer selbstor­ganisierten Arbeitswelt für die Leitenden Angestellten sowie die Sprecherausschüsse in den Unternehmen durchgeführt.

Zusammen mit den Teilnehmenden, die sich aus Mitglie­dern anderer Sprecherausschüsse zusammensetzten, wurde u. a. diskutiert, welche Fragen sich für die betrof­fenen Führungskräfte (alte wie neue) sowie die Spre­cherausschüsse im Zusammenhang mit der Einführung agiler Arbeitsweisen zunächst stellen. Auch musste zunächst abgegrenzt werden, welchen Klärungs- bzw. Handlungsbedarf es in diesem Zusammenhang in den unterschiedlichen Unternehmen und Branchen gibt.

Eine Umfrage zu Beginn des Workshops ergab, dass es in 65 % der Unternehmen, in denen die teilnehmenden Sprecherausschussmitglieder tätig sind, noch gar keine Ansätze oder Teams mit selbstorganisierter Arbeitsweise („Arbeiten ohne Chef“) gibt. In den anderen 35 %, in denen bereits Teams mit selbstorganisierter Arbeits­weise existieren, waren wiederum nur in einem recht kleinen Anteil der Unternehmen (20 %) Leitende Ange­stellte konkret/potenziell negativ betroffen (beispiel-weise durch den Verlust der bisherigen Führungsrolle).

Auf die Frage, ob es in den Unternehmen bereits Diskus­sionen des Arbeitgebers mit den Sprecherausschüs­sen dazu gäbe, wie der Veränderungsprozess begleitet wird/ werden kann oder wie die Interessen der Betei­ligten neu geregelt werden könnten, äußerte sich die Mehrheit der Workshopteilnehmenden negativ. Ein*e Teilnehmer*in z. B. äußerte, agile Transformation sei einer von vielen Aspekten im Austausch mit dem Arbeit­geber. Häufiger werde aber über Strategie-Änderungen und Top-down-Änderungen informiert und diskutiert.

Im Workshop wurde auch die Befürchtung geäußert, dass agile Führung zu einem „Freifahrtschein“ für Rück­delegation und Abtauchen der Unternehmensführung werden könnte.

Selbstverständlich muss die umgesetzte Agilität auch zum Unternehmen und insbesondere in den jeweiligen Bereich des Unternehmens passen. So gibt es Unter­nehmensbereiche, die nur schwer oder auch überhaupt nicht agiler gestaltet werden können. Andere Bereiche hingegen eignen sich hervorragend dazu. Gerade kleine Teams bieten sich zunächst dafür an, um Agilität einzu­führen und umzusetzen. Innovationen können so z. B. schneller und effektiver vorangebracht werden. Die da­für erforderliche Kreativität wird nicht durch „Hoheits­entscheidungen“ oder notwendige Abstimmungen ge­bremst und kann sich schneller durchsetzen.

Im Workshop wurde die Befürchtung geäußert, dass agile Führung zu einem „Freifahrtschein“ für Rückdelegation und Abtauchen der Unternehmensführung werden könnte.

Der Workshop im November war nur der Anfang von einem geplanten und auf Langfristigkeit angelegten Austausch zwischen Sprecherausschussmitgliedern der verschiedenen Unternehmen. Unter der Leitung von Susanne Burmester und Nils Schmidt sollen Argu­mente und Ideen zusammengetragen, erarbeitet und diskutiert werden, um das Thema für die Zukunft auf­zuarbeiten.

Wenn Sie Interesse haben, sich an diesem Arbeitskreis zu beteiligen, sind Sie herzlich eingeladen.

Unter sprecherausschuss@dfk.eu können Sie Kontakt mit uns aufnehmen.

Burmester/ Schmidt

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