DFK Stellungnahme zum Referentenentwurf „Tariftreuegesetz“

Im Rahmen der Verbändeanhörung hat der DFK zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz eine entsprechende Stellungnahme abgegeben.

Der Entwurf ist die Umsetzung der im Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen“ von den (ehemaligen) Regierungsparteien vereinbarten Stärkung der Tarifbindung- und Autonomie, insbesondere bei der Erprobung von Online-Betriebsratswahlen in einem Pilotprojekt.

Diana Nier

Mit Artikel 6 des Tariftreuegesetz-E soll die Erprobung von Online-Betriebsratswahlen für die nächste Wahlperiode 2026 ermöglicht werden.

Der DFK kritisiert scharf, dass bei der Erprobung von Onlinewahlen die Wahlen zum Sprecherausschuss keine Berücksichtigung in dem vorliegenden Referentenentwurf finden. Die überwiegenden Wahlvorschriften für den Sprecherausschuss sind deckungsgleich zu den Wahlvorschriften für die Betriebsratswahl. Beide Wahlen finden regelmäßig parallel statt, es erfolgt ein gegenseitiger Austausch zur Wählerliste, so dass die Einheitlichkeit der jeweiligen Wahlverfahren für Betriebsräte und Sprecherausschüsse im Interesse der Arbeitnehmer und Leitenden Angestellten sowie auch des Arbeitgebers auch bei Online-Wahlen gewährleistet sein muss.

Die Erprobung von Online-Wahlen sollte daher nicht nur auf den Betriebsrat beschränkt werden, sondern ebenso für die Wahlen 2026 zum Sprecherausschuss gelten!
Dadurch würde das BMAS nicht nur einen deutlich größeren Radius für die eigene Evaluierung erzielen, sondern auch eine der Realität entsprechende Erprobung durchführen, die alle praktischen Erfahrungen, Risiken oder Probleme auch bei den parallel verlaufenden Betriebsrats- und Sprecherausschuss-Wahlen miterfasst.

Der DFK stellt einen Teilauszug seiner Stellungnahme nur zu Artikel 6 des Tariftreuegesetzes nachfolgend vor:

Artikel 6, Nummer 1 – § 18a BetrVG-E

Mit § 18a BetrVG-E wird ein zusätzlicher Paragraf im BetrVG zur einmaligen Ermöglichung von Online-Wahlen für die vom 01. März 2026 bis 31. Mai 2026 turnusmäßigen Betriebsratswahlen geschaffen.

Hier kritisiert der DFK ausdrücklich, dass bislang keine Möglichkeit für die Erprobung von Online-Wahlen für Sprecherausschüsse berücksichtigt wurde.

Dies halten wir aus gesetzlichen wie praktischen Gründen für fehlerhaft.

Gemäß § 13 Absatz 1 Satz 2 BetrVG und gemäß § 5 Absatz 1 Satz 2 SprAUG sind die jeweiligen Wahlen zeitgleich einzuleiten. Gemäß § 5 Absatz 1 SprAUG finden die regelmäßigen Wahlen zum Sprecherausschuss im selben Zeitraum statt, wie die regelmäßigen Wahlen zum Betriebsrat (§ 13 BetrVG).

Gemäß § 16 BetrVG und § 7 SprAuG sind spätestens 10 Wochen vor Ablauf der Amtszeit des Betriebsrates bzw. des Sprecherausschusses von diesem der Wahlvorstand zu bestellen.

Gesetzlich ist sind zeitgleiche Betriebsrats- und Sprecherausschusswahlen vorgegeben und § 18a BetrVG-E läuft dem zuwider.

Der Gleichlauf der Wahlen wäre mit einer Erprobung von Online-Wahlen nur für Betriebsratswahlen und vor allem durch die Bestellung eines Wahlvorstandes spätestens 26 Wochen (6,5 Monate!) vor Ablauf der Amtszeit gemäß § 18a Absatz 2 BetrVG-E erheblich gestört. Ein zeitgleiches Einleiten der Wahl, wie es § 13 Absatz 1 BetrVG und § 5 Absatz 1 SprAUG vorschreiben, kann dann nicht erfolgen!

Hinzukommen weitere Probleme, etwa dass der bestellte Wahlvorstand gemäß § 18 Absatz 1 Satz 1 BetrVG die Wahl auch „unverzüglich“ (d.h. „ohne schuldhaftes Zögern“) einzuleiten hat.

Entscheidet sich ein Betriebsrat gemeinsam mit dem Arbeitgeber für die Durchführung von Online-Wahlen, ohne dies für Sprecherausschusswahlen zuzulassen, dann wäre dadurch die zeitgleiche unverzügliche Einleitung der Wahl unmöglich.

Der fehlende Gleichlauf und erhebliche Vorlauf bei der Bestellung des Wahlvorstandes für die Betriebsratswahlen sorgt somit auch dafür, dass das Zuordnungsverfahren der leitenden Angestellten bei Wahlen, mangels bestelltem Wahlvorstand für die Sprecherausschusswahl, erheblich beeinträchtigt wird.

Für den DFK ist auch weder technisch noch tatsächlich nachvollziehbar, weshalb es für die Onlinewahlen eines Vorlaufs von 26 Wochen für die Bestellung des Wahlvorstandes bedarf. Der Gesetzgeber begründet die lange Vorlaufzeit von 26 Wochen mit einem Mehraufwand des Wahlvorstandes die zusätzliche Onlinewahl vorzubereiten, allerdings ohne dies näher zu konkretisieren oder zumindest ausführlicher zu erläutern.

Aus Sicht des DFK ist die Auswahl entsprechender Onlinewahlprodukte, die Klärung von Aufwand, Kosten sowie Risiken etc. ohnehin nicht allein dem Wahlvorstand überlassen. Hier muss mit dem Arbeitgeber sowie IT und Datenschutz etc. eine gemeinsame Abstimmung erfolgen. Weitere wesentliche Vorgaben sollen zudem auch noch vom BMAS in einer Rechtsverordnung erlassen werden, so dass insgesamt nicht ersichtlich ist, weshalb der Wahlvorstand hier einen erheblichen (Mehr)Aufwand zu befürchten hat.

Somit ist auch keine gesetzliche Erweiterung des Wahlvorstandes von drei auf fünf Wahlberechtigte erforderlich. Zumal gemäß § 16 Absatz 1 Satz 2 BetrVG ohnehin die Möglichkeit für den Betriebsrat besteht, die Zahl der Wahlvorstandsmitglieder zu erhöhen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist!

Die Erweiterung sowie Bestellung des Wahlvorstandes für die Betriebsratswahlen spätestens 26 Wochen vor Ablauf der Amtszeit hätte außerdem die erhebliche Folge, dass der Wahlvorstand gemäß § 15 Absatz 3 KSchG dann über ein Jahr Sonderkündigungsschutz genießt!

Die Regelungen in § 18a BetrVG-E führen zu einem überaus langen und nicht gleichlaufenden Wahlverfahren sowie einem zusätzlich stark erweiterten Kündigungsschutz für den Wahlvorstand und sind daher gegensätzlich zum Sinn und Zweck von Onlinewahlen, nämlich durch technische Mittel eine Beschleunigung und Erleichterung der Gremienwahlen in den Betrieben zu ermöglichen.

Generell ist der Appell des DFK mit der Erprobung von Onlinewahlen nicht das gesamte gesetzliche Wahlverfahren aus dem Gleichgewicht zu bringen. Die gesetzlichen Fristen und Regelungen zur Bestellung des Wahlvorstandes können und sollen unberührt bleiben und der gesetzliche Gleichlauf von Betriebsrats- und Sprecherausschusswahlen muss ebenfalls gewährleistet sein.

Artikel 6, Nummer 3- § 119 BetrVG-E aa

Durch Streichung des aktuellen § 119 Absatz 2 BetrVG sollen Behinderungen bei der Wahl des Betriebsrates sowie bei dessen Tätigkeiten nun vom Antragsdelikt zum Offizialdelikt werden.

Dem stimmt der DFK ausdrücklich zu.

Der Schutz der betrieblichen Vertretungsorgane und seiner Gremienarbeit ist zwingend sicherzustellen. In der Beratungspraxis stellen wir immer wieder Hindernisse und Behinderungen bei der Ausübung der Betriebsrat – wie auch Sprecherausschussarbeit fest.

Durch die Aufwertung zum Offizialdelikt dürften damit die Hemmnisse, die mit einem Strafantrag verbunden sind, vermieden werden und auch eine höhere Abschreckwirkung zu erreichen sein.

Das gesetzliche Pendant dazu findet sich in § 34 SprAuG und auch hier wäre dann
§ 34 Absatz 2 SprAuG ebenfalls aufzuheben.

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