Die Illusion der Vielfalt

Isolierte Maßnahmen als Bremse

In den vergangenen Jahren ist sehr deutlich geworden, dass das Diversitätsmanagement für viele Unternehmen große Potenziale birgt. In der Folge haben sich viele Betriebe intensiv mit der eigenen Vielfalt auseinander gesetzt und innerbetriebliche Initiativen gestartet. Doch sehr häufig tritt nach ei­niger Zeit die erste Ernüchterung auf: Die gewünschten Erfolge bleiben auf der Strecke. Dafür könnte das in Deutschland nach wie vor weit verbreitete Silo-Denken eine Rolle spielen. Doch was bedeutet dieser Begriff im Kontext des Diversity Managements, und wie können Unternehmen diese Barriere überwinden?

(c) AdobeStock

Was ist Silo-Denken im Kontext von Vielfalt?
Silo-Denken beschreibt den Habitus, dass Organisa­tionseinheiten, Abteilungen oder Teams innerhalb eines Unternehmens isoliert arbeiten, ohne ausrei­chende Kommunikation und Kooperation mit anderen Bereichen. Im Kontext des Diversitätsmanagements zeigt sich dieses Phänomen häufig durch fragmen­tierte und unkoordinierte Maßnahmen im Kontext von Vielfalt. Verschiedene Abteilungen, wie Personal/ Human Resources, Kommunikation, Marketing oder Unternehmensführung entwickeln dabei ihre eigenen Vielfaltsmaßnahmen, ohne dass diese im Einklang mit anderen Maßnahmen stehen. Dies führt zu einer in­konsistenten Umsetzung und einer verzerrten Wahr­nehmung von dem, was das Unternehmen eigentlich möchte.

Auch Strategiemängel können Bremsschuhe sein
Denkt man diesen Gedanken weiter, liegt auf der Hand, dass ein weiteres Problem oftmals ist, dass Vielfalt in Un­ternehmen zwar organisatorisch angedockt wird, zuweil jedoch ohne Einfluss auf die Unternehmensstrategie. Unter Handlungszwang wird gerne auf isolierte Aktionen gesetzt, teilweise auch Aktionismus betrieben, wie die vorschnelle Organisation von Kommunikationskampa­gnen, neue Anforderungen an Führungskräfte oder Diversity-Trainings, ohne dass diese in eine umfassende Strategie eingebettet werden. Diese Maßnahmen mögen zwar gut gemeint sein, verlieren aber ihre Wirkung, wenn sie nicht in einen größeren Kontext gestellt werden. Eine erfolgreiche Vielfaltsstrategie erfordert eine systemati­sche Herangehensweise, die alle Bereiche des Unterneh­mens integriert und langfristige Ziele verfolgt.

Wie immer: die Kommunikation macht’s!
Um Silo-Denken zu überwinden, ist eine effektive Kom­munikation und Kollaboration zwischen den Abteilun­gen entscheidend. Dies beginnt mit der Unternehmens­führung, die eine klare Vision und Strategie für Vielfalt im Unternehmen vorgeben und leben muss. Dabei muss von Beginn an klar sein, dass die Einführung eines Diversitätsmanagements Konfliktpotenzial mit sich bringt. Äußerst sensibel, aber zielgerichtet muss auf Ängste, Vorbehalte und Widerstände eingewirkt werden, damit ein nachhaltiger Kulturwandel erreicht werden kann. Dementsprechend muss die (Vielfalts-)Strategie transparent kommuniziert und regelmäßig reflektiert werden. Dazu gehören interdisziplinäre Teams, die ge­meinsam an der Umsetzung von Vielfalt arbeiten. Diese Teams – das haben Sie in den Perspektiven 2/2024 be­reits gelesen – sollten möglichst heterogen hinsichtlich der sieben grundsätzlichen Vielfaltsdimensionen aufge­stellt sein.

Nur Top-Down? Das widerspricht Vielfalt.
Denken Sie auch daran, dass Vielfalt von der Inklusion aller Mitarbeiterebenen lebt. Zwar ist unbestreitbar, dass die Geschäftsführung den Kurs in Sachen Vielfalt im Unternehmen vorgeben muss, allerdings wird Diversität nur dann erfolgreich wirken, wenn Sie alle Ebenen im Unternehmen mitnehmen. Oftmals werden Diversity-Initiativen nur auf Führungsebene diskutiert und beschlossen, ohne die Belegschaft aktiv einzubezie­hen. Dies führt zu einem Mangel an Akzeptanz und Ver­ständnis für die Maßnahmen. Erfolgreiches Diversity Management erfordert jedoch das Engagement und die Beteiligung aller Mitarbeitenden.

Fazit
Das Silo-Denken stellt eine bedeutende Hürde für den Erfolg von Diversity Management dar. Um diese Barriere zu überwinden, müssen Unternehmen eine ganzheitli­che und koordinierte Strategie entwickeln, die alle Ab­teilungen und Mitarbeiterebenen einbezieht. Effektive Kommunikation, Zusammenarbeit und eine systema­tische Evaluierung sind dabei entscheidend. Nur durch eine integrative Herangehensweise kann Vielfalt seine volle Wirkung entfalten.

Über den Autor
Daniel R. Schmidt ist Fachkraft für Diversitätsmanagement (IHK) und Geschäftsführer des Bera­tungsunternehmens D3Smedia, das sich vorrangig mit der Strategie von kleinen und mittleren Unterneh­men und Organisationen auseinandersetzt. Er arbei­tet ehrenamtlich im Netzwerk der Vielfalt des DFK mit.

Nach oben scrollen