Die neue europäische Arbeitsbehörde kommt

Schwerpunkt Europa

von Sebastian Müller, Ressortleiter Europapolitik & Public Affairs

Die europäischen Institutionen konnten sich auf die Schaffung einer Europäischen Arbeitsbehörde vorläufig einigen. Die European Labour Authority (ELA) soll die Mobilität auf dem europäischen Arbeitsmarkt erleichtern. Förmlich beschlossen ist dies noch nicht, aber die wichtigsten Hürden sind durch das Europäische Parlament und den Rat in den letzten Wochen bereits genommen. Der DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte hatte sich an den EU-Konsultationen beteiligt.

Diese neue EU-Behörde soll die faire Arbeitskräftemobilität innerhalb der EU erleichtern, damit Bürger und Unternehmen die Möglichkeiten des Binnenmarkts nutzen können. Zudem wird sie die Zusammenarbeit zwischen nationalen Behörden unterstützen, unter anderem bei der Bekämpfung von Betrug und Missbrauch im sozialen Bereich.

„Angesichts von 17 Mio. Europäerinnen und Europäern, die heute in einem anderen EU-Mitgliedstaat leben oder arbeiten, ist es höchste Zeit für eine Europäische Arbeitsbehörde, die unsere mobilen Bürgerinnen und Bürger unterstützt, die Arbeit unserer Mitgliedstaaten erleichtert und für Fairness und Vertrauen im Binnenmarkt sorgt“, erklärte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. „Wir haben in den letzten Jahren große Fortschritte hin zu faireren Regeln für die Arbeitskräftemobilität erzielt. Die neue Behörde wird uns dabei helfen, diese Regeln konkret umzusetzen.“

Die für Beschäftigung, Soziales, Qualifika­tionen und Arbeitskräftemobilität zuständige EU-Kommissarin Marianne Thyssen ergänzte: „Die heute erzielte Einigung über die Europäische Arbeitsbehörde ebnet den Weg zu einem fairen europäischen Arbeitsmarkt. Die Behörde wird sowohl den nationalen Behörden dabei zu helfen, Betrug und Missbrauch zu bekämpfen, als auch den Bürgerinnen und Bürgern die Mobilität erleichtern. Dies ist ein entscheidender Schritt für ein sozialeres und gerechteres Europa.“

Die Europäische Arbeitsbehörde soll folgende Aufgaben wahrnehmen:

  • Information von Bürgerinnen und Bürgern sowie Arbeitgebern über ihre Rechte und Pflichten in grenzüberschreitenden Situationen,
  • Koordination zwischen den nationalen Behörden der Mitgliedsstaaten zur wirksamen Durchsetzung des EU-Rechts in den Bereichen Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Entsendung und Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit sowie 
  • Unterstützung bei der Durchführung gemeinsamer Kontrollen, um Betrug, Missbrauch und nicht angemeldete Erwerbstätigkeit zu bekämpfen.

Die Arbeitsbehörde soll das Netz der europäischen Arbeitsverwaltungen (EURES) unterstützen und die Aufgaben der Europäischen Plattform zur Stärkung der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit übernehmen und ausbauen.

Operative Unterstützung leisten

Es sollen keine neuen Zuständigkeiten auf EU-Ebene geschaffen werden, und die Mitgliedstaaten werden weiterhin in vollem Umfang für die Durchsetzung der Arbeits- und Sozialversicherungsvorschriften zuständig sein. Der Mehrwert der Behörde besteht nach jetzigem Stand darin, dass sie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten erleichtern, bestehende Strukturen straffen und operative Unterstützung leisten wird, sodass die Vorschriften effizienter durchgesetzt werden – zum Nutzen der Bürger/innen, der Unternehmen und der nationalen Behörden.
Diese Straffung soll auch finanzielle Vorteile mit sich bringen, da sich durch die Rationalisierung bestehender Einrichtungen auf EU-Ebene Einsparungen erzielen ließen, so die Kommissare. Ferner soll die Unterstützung der Arbeitsbehörde den Mitgliedstaaten eine effizientere und umfassendere Beitreibung von Sozialversicherungsbeiträgen ermöglichen, als dies bisher der Fall war. Schließlich soll die Behörde die Mitgliedstaaten durch technische und logistische Unterstützung entlasten.

Startschuss schon bald

Ihre Arbeit soll die ELA bereits ab 2019 mit rund 150 Mitarbeitern aufnehmen. Der Plan: Diese finanziellen Vorteile sollen einen großen Teil der Betriebskosten der Behörde ausgleichen, deren Jahresbudget rund 50 Mio. E betragen wird. Ein hohes Ziel. Dafür muss sie nun noch vom Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) des Rates gebilligt und dem Europäischen Parlament zur Schlussabstimmung im Plenum vorgelegt werden.

Stellungnahme des DFK

Ob die Gründung der ELA wie teilweise befürchtet nur teure Parallelstrukturen und neue Bürokratie schafft oder aber wie geplant die Mobilität der europäischen Arbeitnehmer fördert, bleibt offen. Der DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte sieht in einer solchen Behörde viele Vorteile, forderte in seiner Stellungnahme aber auch eine klare Aufgabenzuweisung und die Vermeidung zusätzlicher Bürokratie, um eine echte Erleichterung von grenzüberschreitender Mobilität, mehr Transparenz für Fach- und Führungskräfte beim Schritt ins europäische Ausland sowie die Bekämpfung insbesondere grenznahen Lohn- und Sozialdumpings zu erreichen. 

Gerade für Fach- und Führungskräfte ist die grenzüberschreitende Mobilität Alltag. Sie ist gleichermaßen ein Motor für bestehende gute und schlechte arbeitsrechtliche Bedingungen: Sie kann Ungleichheiten fördern oder – wenn gut gemacht – Gleichheit auf einem hohen Niveau herstellen. Letzteres zu fördern muss Ziel einer europäischen Arbeitsbehörde sein.

Mit der zunehmenden Grenzüberschreitung der Arbeitsverhältnisse wird auch hinsichtlich der Mitbestimmung das Missbrauchspotenzial größer. Beispielsweise eine „Flucht aus der Mitbestimmung“ wird immer wieder versucht – auch dem muss entgegengetreten werden.

Diese möglichst klar definierten Aufgaben kann in der Tat eine europäische Arbeitsbehörde wahrnehmen. Eine Bündelung bestehender Instrumente für die grenzüberschreitende Mobilität wie zum Beispiel EURES – das europäische Portal zur beruflichen Mobilität, eine Europäische Krankenversicherungskarte, die Blaue Karte EU usw., um eine einheitliche Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und öffentliche Stellen zu schaffen, ist überaus sinnvoll.

Wichtig für den Erfolg ist, dass die Arbeit aller bestehenden EU-Agenturen besser aufeinander abgestimmt wird und gemeinsam effizienter gearbeitet wird. Es muss unbedingt verhindert werden, dass ein weiterer Behördenstrang geschaffen wird, der schlicht neben die anderen gestellt wird – und so eher weniger Effizienz als mehr geschaffen wird. Wir brauchen eine möglichst wirkungsvolle Unterstützung ohne weitere Bürokratie für die Unternehmen ebenso wie für Arbeitnehmer.    

Bildquelle: © Factsheet Europäische Union

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