Was Firmen jetzt tun sollten, um den Folgen der Pandemie zu begegnen
Hamburg, 22. Juni 2021 – Schätzungen des Bundesforschungsministeriums (BMBF) zufolge leiden in Deutschland rund 350.000 Menschen an den Folgen einer Corona-Erkrankung. Long-Covid-Betroffene berichten u. a. von extremer Erschöpfung, Minderbelastbarkeit oder Konzentrationsschwierigkeiten, die in die Arbeitsfähigkeit hineinspielen. Long Covid wird also nach der Corona-Pandemie zu einer weiteren Herausforderung für die Arbeitswelt.
Reinhild Fürstenberg, Geschäftsführerin und Mitgründerin des Fürstenberg Instituts, rät Unternehmen deswegen, sich auf Long Covid einzustellen: „Arbeitgeber müssen auf Betroffene, die nach einer Corona-Infektion wieder zur Arbeit kommen, besonders gut achten. Aber auch die große Gruppe der Beschäftigten, die unter Doppelbelastungen mit Beruf, Homeschooling und Pflege oder der Erfahrung von Isolation, unter Existenzsorgen und Angst vor Krankheit gelitten haben, sollten Unternehmen dringend im Blick haben. Die Zunahme von Depressionen, Angststörungen und Suchtmittelkonsum als Folge der Pandemie ist auch in unseren Beratungen klar zu erkennen – und hat erheblichen Einfluss auf die Arbeitsleistung.“
Was Arbeitgeber jetzt tun können:
- Firmen sollten Gesundheit spätestens jetzt zur Chefsache machen. Auch das psychische Wohlbefinden muss einen Platz auf der Arbeit haben und Mitarbeitende brauchen entsprechende Anlaufstellen. Das können speziell geschulte Personaler*innen, Mitarbeitervertretungen oder professionelle externe Beratungsangebote zu Mental Health (EAP) sein.
- Den Führungskräften kommt in diesem Zusammenhang eine Schlüsselfunktion zu. Sie sind im besten Fall nahe an ihrem Team dran, können Leistungseinbrüche schnell erkennen – und im Sinne der Fürsorgepflicht Entlastungen schaffen, z. B. flexiblere Arbeitszeiten für Betroffene, die längere Ruhezeiten ermöglichen oder externe Hilfen anbieten. Firmen sollten ihre Führungskräfte entsprechend für Long Covid sensibilisieren.
- Long Covid und Stressfolgeerkrankungen können in BEM-Prozesse (Betriebliches Eingliederungsmanagement) im Rahmen der stufenweisen Wiedereingliederung integriert werden, so wie man es von Beschäftigten mit Bandscheibenvorfällen oder Burn-out kennt.
- Mit dem im Arbeitsschutzgesetz verankerten Instrument GBU Psyche (Gefährdungsbeurteilung psychische Belastungen) können z. B. mittels digitaler Fragebögen oder Workshops arbeitsbezogene Belastungen gemessen und entsprechende Maßnahmen zur Prävention entwickelt werden. Wichtig ist, dass niemand durchs Raster rutscht und Belastungszustände sich weiter auswachsen.
- Betroffene sollten sich auf jeden Fall Hilfe suchen: über betriebliche Angebote, spezialisierte Ambulanzen oder Hausärzt*innen. Auch Selbsthilfegruppen für Long Covid können eine gute Hilfe sein. Wichtig ist, dass Betroffene sich mit ihren Bedürfnissen und Grenzen ihrem Umfeld sichtbar machen – vor allem auch am Arbeitsplatz. Erst dann können Sie von dort Unterstützung erwarten.
„Der Weg aus der Krise führt für Unternehmen nur über gesunde und belastbare Mitarbeiter*innen – und dazu zählen auch all jene, die körperlich und seelisch an der Covid19-Pandemie gelitten haben“, so Reinhild Fürstenberg. „Corona ist ein erneuter, sehr deutlicher Beweis dafür, dass Gesundheit in der Unternehmensstrategie fest verankert sein sollte. Gesunde Unternehmensführung fragt nicht nur danach: Wer ist krank, wer fehlt? – sondern vor allem: Sind die Leute in ihrer vollen Kraft?!“