“Geld macht nicht glücklich”

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So die Erkenntnis des US-amerikanischen Unternehmers und Investors Warren Buffett. Klar, werden Sie nun sagen, als Milliardär kann er gut Sprüche klopfen. Schaut man aber in die meisten Unternehmen, so kann man schon den Eindruck gewinnen, dass vom Glanze des Geldes eine ungeheure Motivationskraft auszugehen scheint. Gestatten Sie bitte, dass ich diesen Gedanken in diesem kleinen Text relativieren möchte.

Geld ist die Gegenleistung, die wir erhalten, wenn wir unseren Arbeitsvertrag erfüllen und eine Leistung liefern. So weit, so gut. Doch daraus leiten wir schnell den Gedanken ab, dass bei einem höheren Gehalt automatisch die Arbeitsergebnisse besser werden. Das springt aber zu kurz, denn wissenschaftliche Studien zeigen eindeutig, dass der Zusammenhang zwischen Gehalt und Motivation sowie Leistung viel komplexer ist. Wir wissen inzwischen sehr genau, dass, wenn wir engagierte Mitarbeitende haben wollen, mehr Gehalt eindeutig nicht die Lösung  ist. Mehr Geld führt auch nicht automatisch dazu, dass Menschen mit ihrem Gehalt zufriedener sind. Kurzum: Wir können Engagement nicht mit Geld kaufen. Vieles deutet sogar darauf hin, dass Menschen nicht glücklicher mit ihrer Arbeit wären, wenn sie selbst über die Höhe ihres Gehalts entscheiden könnten.

Mehr Geld motiviert nicht
Bereits im Jahr 1978 haben die Wissenschaftler Brickman, Coates & Janoff-Bulman eine Studie durchgeführt und nachgewiesen, dass Geld nicht zwangsläufig glücklicher macht. Natürlich immer unter der Prämisse, dass das erzielte Geld zur Absicherung des allgemeinen Lebensunterhaltes ausreicht und zudem einen gewissen Wohlstand  ermöglicht.

Dabei befragten sie 22 Lottomillionäre, eine 22-köpfige Kontrollgruppe sowie 29 Unfallopfer mit schwerer Behinderung. Das Ergebnis ist spannend: Die Millionäre waren keinesfalls glücklicher als alle anderen. Die Menschen mit Behinderung waren (nach einer Phase des Eingewöhnens) wiederum nicht unglücklicher als die Menschen der Kontrollgruppe.

Der Wissenschaftler Tim Judge hat in einer Meta-Analyse herausgearbeitet, dass der Zusammenhang zwischen Gehalt und Zufriedenheit sehr schwach ist. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Zufriedenheit der Menschen mit ihrem Gehalt fast vollständig unabhängig von der tatsächlichen Höhe ihres Gehalts ist – und das losgelöst von den Einkommensschichten.

Menschen befinden sich häufig in einer hedonistischen Tretmühle. Hierunter versteht man die Tendenz, nach einem stark positiven oder negativen Lebensereignis schnell zu einem stabilen Level des Glücklich seins zurückzukehren. Das Streben nach Glück gleicht einer Tretmühle: Man arbeitet die ganze Zeit daran und bleibt doch am selben Platz. Mit anderen Worten, die Gehaltserhöhung verpufft nach wenigen Wochen und die Menschen fallen in ihre alten Rollenmuster zurück. Der Zufriedene bleibt zufrieden, der Unglückliche bleibt unglücklich.

Mehr Geld kann sogar demotivieren
Klassischerweise unterscheiden wir zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation. Letztere besteht in monetärer oder nicht monetärer Belohnung. Als intrinsische Motivation wird die aus sich selbst entstehende Motivation bezeichnet. Wer intrinsisch motiviert ist, übt eine Tätigkeit aus, weil er sie interessant findet, grundsätzlichen Spaß daran hat, diese als besonders sinnvoll oder auch herausfordernd empfindet.

Finanzielle Belohnungen aber können intrinsische Motive dämpfen oder sogar verdrängen. Interessante Ergebnisse lassen sich einer Meta-Analyse von Edward Deci entnehmen. Demnach sinkt bei jeder Einheit an zusätzlicher Belohnung die intrinsische Motivation um etwa 25%. Wenn man im Voraus weiß, wie viel Geld man zusätzlich bekommen wird, sinkt die intrinsische Motivation sogar um 36%.

Je stärker sich Menschen auf ihr Gehalt konzentrieren, desto weniger geht es ihnen darum, ihre intellektuelle Neugier zu befriedigen und neue Fähigkeiten zu erlernen. Diese Dinge sind aber entscheidend, damit Menschen ihre bestmögliche Leistung erbringen können.

Wenn nicht Geld, was dann?
Wenn Unternehmen ihre Mitarbeitenden wirklich motivieren wollen, müssen sie verstehen, was diese wertschätzen. Die Antwort ist: Sie müssen alle Mitarbeitenden individuell behandeln, idealerweise herausfinden, was ihnen wichtig ist und diesem dann Rechnung tragen. Das ist die Aufgabe von Führungskräften. Sicherlich ein hoher, aber notwendiger Anspruch.

Tatsächlich ist die wichtigste Ursache für Demotivation schlechte Führung. Also stehen Manager in einer besonderen Verantwortung. Ihre Persönlichkeit und ihre Fähigkeit sowie Bereitschaft zu Leadership wird einen großen Einfluss darauf haben, ob ihre Mitarbeitenden motiviert sind oder nicht. Gute Führung und nicht Geld, ist ohne Zweifel DER Erfolgshebel zu hoher Motivation.

Autor:
Frank Weber ist Gründer von weber.advisory und Lehrbeauftragter an der Hochschule Fresenius. Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Entwicklungs- und Veränderungsvorhaben von Unternehmen und auch Topmanagern. Dabei widmet er sich der Effizienzsteigerung von Führungs-, Kommunikations- und Veränderungprozessen.

Im Juni 2017 erschien bei SpringerGabler sein aktuelles Buch „Robuste Unternehmen – Krisenfest in Zeiten des Umbruchs“ (ISBN:978-3-658-18134-5). Hierin beschreiben Weber und sein Co-Autor 5 Erfolgshebel, mit denen Unternehmen auf die neuen Zeiten der VUCA-Welt vorbereitet werden können.

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