Hitzewelle 2019: Diese Woche frei bzw. „Kurzarbeit“ in Schulen – und im Büro wird tapfer geschwitzt

Weite Teile Deutschlands stöhnen angesichts der heißen Temperaturen.

Dr. Heike Kroll
DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte
© DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte

Dr. Heike Kroll

Essen, 26.06.2019 – Weite Teile Deutschlands stöhnen angesichts der heißen Temperaturen. Der Sommer zeigt sich mit Temperaturen deutlich über 30°C von seiner heißen Seite. Während manche Schulen sogar die ganze Woche schließen, verkürzen andere zumindest die Schulstunden von 45 Minuten auf 30 Minuten und beenden so den Schulunterricht früher.

Die Schüler*innen freut das uneingeschränkt. Berufstätige Eltern sehen das naturgemäß aus Betreuungsgesichtspunkten mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Mancher wird sich fragen, ob es eigentlich auch im Büro hitzefrei gibt und wie man ein ggf. bestehendes Betreuungsproblem lösen kann. .

Dr. Heike Kroll vom Berufsverband DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte e.V. weist darauf hin, dass es zu den zulässigen Temperaturen am Arbeitsplatz durchaus Regelungen gibt: Durch die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättVO) in Verbindung mit der hierzu erlassenen Arbeitsstättenregel ASR A3.5 – Raumtemperatur (ASR) (abrufbar über www.baua.de) ist festgelegt, welche Temperaturen am Arbeitsplatz für Arbeitnehmer*innen grundsätzlich geeignet und welche Temperaturen noch zumutbar sind. .

Gemäß § 3a ArbStättVO in Verbindung mit Ziffer 3.5 ihres Anhangs muss in Arbeitsräumen „eine gesundheitlich zuträgliche Temperatur“ bestehen. Als Höchst-Raumtemperatur empfiehlt die Arbeitsstellenregel (ASR) bis +26°C. Bei darüber liegender Außentemperatur darf jedoch im Ausnahmefall auch die Lufttemperatur im Innenraum höher sein. Dann sind aber weitere Randbedingungen zu beachten und Schutzmaßnahmen vom Arbeitgeber einzuführen. Differenziert wird zwischen einer Raumtemperatur von bis zu 26°C, bis 30°C, bis 35°C und darüber.

Die Empfehlungen bei einer Raumtemperatur von 30°C lesen sich eher profan: Lüften in den frühen Morgenstunden, Lockerung der Kleiderordnung sowie Bereitstellung geeigneter Getränke (z.B. Trinkwasser). Bei über 35°C werden die empfohlenen Gegenmaßnahmen dann skurril: Die Verordnung schlägt Luftduschen oder Wasserschleier vor: Geräte, die man weder kennt – geschweige denn im Keller für diese Fälle vorhalten dürfte. Auch Hitzeschutzkleidung wird genannt. Andernfalls sei ein Raum, der eine Raumtemperatur von mehr als 35°C hat, „nicht als Arbeitsraum geeignet“.

Bei dermaßen hohen Raumtemperaturen ist der Arbeitgeber erfahrungsgemäß gut beraten, Gegenmaßnahmen einzuleiten. Zum Beispiel könnte man die Gleitzeitregelungen ändern, damit die Möglichkeit besteht, in den kühleren Morgen- bzw. Abendstunden zu arbeiten. Zudem bietet sich der Abbau von Überstunden an. Arbeit im Homeoffice kann ebenfalls ein gangbarer Weg sein – auch für das ggf. durch das „Hitzefrei“ an den Schulen entstehende Betreuungsproblem.

„Von der eigenmächtigen Niederlegung der Arbeit – egal bei welcher Temperatur – kann man als Arbeitsrechtler nur warnen“, so Fachanwältin für Arbeitsrecht Heike Kroll. Denn einen direkten Anspruch auf „hitzefrei“ kennt die Verordnung nicht.

Auch eine durch „hitzefrei“ an Schulen fehlende Betreuungsmöglichkeit rechtfertigt keine Selbstbeurlaubung. Zwar können Arbeitnehmer*innen gemäß § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bei „vorübergehender Verhinderung“ von der Arbeitspflicht befreit sein – darunter fällt jedoch keine durch Schulausfall bedingte Kinderbetreuung. Arbeitnehmer*innen schulden ihre Arbeit unabhängig davon, ob ein Kind betreut ist oder nicht. Anders sieht es nur aus, wenn das Kind krank wird. Dann dürften Mutter oder Vater zu Hause bleiben.

Bei Betreuungsproblemen hilft nur in Absprache mit dem Arbeitgeber kurzfristig Überstunden abzubauen, Urlaub zu nehmen oder über Arbeit im Homeoffice eine Lösung zu finden. Ein gutes Netzwerk mit anderen berufstätigen Eltern ist ebenfalls nützlich – jeden Tag nimmt ein anderes Elternteil frei und betreut die „fremden“ Kinder mit. So lässt sich die schulfreie Woche auf mehrere Schultern verteilen.

„Hitzefrei“ im Büro gibt es nur in absoluten Ausnahmefällen: z.B., wenn der Arbeitgeber keinerlei Maßnahmen zum Schutz vor den Temperaturen unternimmt und die Weiterarbeit unter diesen Umständen für die Arbeitnehmer*innen ein konkretes Gesundheitsrisiko darstellt. In diesem Zusammenhang sollte man jedoch die Beweislage im Auge behalten: Arbeitnehmer*innen müssten im Zweifel die Gesundheitsgefährdung durch die zu hohe Raumtemperatur beweisen.

Grundsätzlich gilt: Wem zu heiß wird, darf weder eigenmächtig nach Hause gehen noch ohne Absprache eigene technische Vorkehrungen treffen. Betroffene Mitarbeiter*innen sollten das Gespräch mit der vorgesetzten Person suchen. „Diese ist dann verpflichtet, die Vorgaben zur Raumtemperatur umzusetzen“, so die DFK-Juristin Kroll. Wie sie das macht, liegt in ihrem Ermessen. Sie muss jedoch so schnell wie möglich reagieren. Tut sie das nicht, dürfen Arbeitnehmer*innen tatsächlich nach Hause gehen.

2019_06_26_PM_DFK.pdf

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