Im Dialog mit Ulrich Zander, Leiter der Feuerwehr Wuppertal

Am 21. März 2023 war Ulrich Zander zu Gast bei einer Präsenz-Veranstaltung der Regionalgruppe Düs­seldorf. Ulrich Zander ist Leiter der Feuerwehr Wuppertal und stand in einem Interview, moderiert von Dr. Anja Henke, Mitglied im Vorstand der Regionalgruppe und Geschäftsführerin Carpe Viam, Rede und Antwort. Denn wer könnte besser über Führung in Krisen- und Notfallsituationen berichten als der Lei­ter einer solchen Organisation.

RG Düsseldorf Vorstand Dr. Schüller, tomWoerden, Dr. Henke
© Uwe Schulz

Im Business geht es um Geld …
… bei der Feuerwehr geht es um Menschenleben. Hier zählen nicht Umsatz und Profit, vielmehr sind die Teams jeden Tag im Einsatz, um Menschen zu retten und aus prekären Situationen zu befreien. Pro Jahr hat die Feuerweh rund 100.000 Einsätze für über eine halbe Million Menschen in Wuppertal und Solingen. Diese Tä­tigkeit erfordert besondere Fähigkeiten, klare Arbeits­prozesse und präzises wie auch schnelles Handeln. Da­für werden die Mitarbeiter der Feuerwehr speziell und über Jahre hinweg ausgebildet. So entstehen eingeübte Routinen, die in Krisensituationen unverzüglich abruf­bar sind. Dennoch hört das Lernen in diesem Feld nie auf, denn jeder Einsatz ist anders.

Bei der Feuerwehr geht es nicht nur um Notfalleinsät-ze, sondern auch um das Aufrechterhalten, Ausbauen und Managen einer großen Organisation. Dazu zählen neben den Beschäftigten – 600 hauptberuflichen Mit­arbeitern und rund 1.200 Personen in der freiwilligen Feuerwehr – eine Flotte von Spezialfahrzeugen und ein Portfolio von Gebäuden. Damit ist die Feuerwehr Wup­pertal eine der größten in Deutschland. In der Führung erfordern diese besonderen Tätigkeiten eine große Bandbreite von Kompetenzen, jeweils passend zu den Anforderungen.

Ulrich Zander im Gespräch
© Uwe Schulz

Katastrophenschutz mit zunehmender Bedeutung
Während der Corona-Pandemie war Ulrich Zander Leiter des operativen Stabs und Mitglied des Krisenstabs der Stadt Wuppertal. Das Impfzentrum wurde mit großer Unterstützung der Feuerwehr betrieben. Auch am Ein­satz bei der Flutkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021 wa­ren seine Teams beteiligt.

In den vergangenen Jahren hat der Katastrophenschutz, der in langen Friedenszeiten scheinbar „ausge­dient“ hatte, enorm an Bedeutung gewonnen. Nach der Pandemie ist es der Konflikt in der Ukraine, der erneut ein Nachdenken über „Sonderlagen“ erfordert. Auch die Energiewende spielt hier hinein. Denn ein Blackout, der länger als 48 Stunden andauert, hätte weitreichende Folgen. Ulrich Zander schilderte sehr plastisch, was ein solcher Ausnahmezustand bedeuten würde. Dieser beträfe insbesondere Krankenhäuserund auch die pri­vate Versorgung von Menschen mit medizinischem Ge­rät. Menschenleben wären bedroht, und zwar sehr viel schneller, als wir uns das ausmalen mögen. Auch wenn die Feuerwehr sich in ihrem Alltag auf solche Szenarien vorbereitet, werden diese hoffentlich nie Realität.

Post-Merger-Integration der Feuerwehrleitstelle
Die integrierte Feuerwehrleitstelle Solingen-Wuppertal ist ein besonderer Bestandteil der Feuerwehr Wupper­tal – und die einzige integrierte Leitstelle in NRW. 2007 beschlossen die Städte Solingen und Wuppertal die Zusammenlegung, die zunächst technisch umgesetzt wurde. Ganz wie bei Integrationen im Business kamen auch hier Probleme auf, die bis zu einer möglichen Auf­lösung der Verbindung reichten. Dies hatte insbesonde­re mit den Menschen und deren Haltung zu tun, doch auch mit der unterschiedlichen Führungsphilosophie in beiden Städten. Dadurch war für die Mitarbeiter in der Leitstelle nicht klar, welche Erwartungen sie erfüllen sollten. Es kam zu Missverständnissen und Fehlern.

In einem intensiven Prozess, den Ulrich Zander damals als stellvertretender Leiter der Feuerwehr leitete, ge­lang die Neuaufstellung der Leitstelle. Damit einher ging der digitale und organisatorische Ausbau. Die da­für erforderlichen Investitionen hätte keine der beiden Städte im Alleingang umsetzen können. Dieser Erfolg unterstreicht die Bedeutung des von der Führung mo­derierten Zusammenspiels der harten technischen und der weichen menschlichen Faktoren, auch oder gerade in einer Feuerwehr. Heute ist die integrierte Feuerwehr­leitstelle ein überregional bekanntes Vorzeigemodell.

Vom Umgang mit Fehlern
Apropos weiche Faktoren: Der Umgang mit Fehlern spielt gerade in der Feuerwehr eine große Rolle. Denn hier können die Konsequenzen gravierend sein. Umso wichtiger ist ein offener Umgang damit. Dies hat Ulrich Zander durch seine klare Führung und transparente Prozesse etabliert. Allen Mitarbeitenden ist klar, dass Fehler nicht bestraft werden, sondern dem Lernen und Verbessern dienen.

Der offene Umgang mit schwierigen Situationen ist besonders für die Belegschaft der Feuerwehr wichtig, denn nicht immer ist eine Rettung möglich. Um mit solchen oft traumatischen Erfahrungen umzugehen, haben inzwischen Supervision und persönliche Beglei­tung in der Feuerwehr Einzug gehalten. Denn ebenso wie die körperliche Fitness ist die mentale Gesundheit wichtig, um leistungsfähig zu sein und zu bleiben.

Intrinsische Motivation, Schlüssel zum Erfolg
Das Publikum hatte besonders intensive Fragen rund um die Motivation der Menschen, die sich für eine Tä­tigkeit in der Feuerwehr entscheiden. Ulrich Zander be­tonte, dass die intrinsische Motivation hier besonders ausgeprägt ist. Für diese helfende Aufgabe entschei­den sich viele Menschen schon früh in ihrem Leben, und das aus vollem Herzen. Daher ist in der Führung ein achtsamer, klarer und fairer Umgang mit den Menschen enorm wichtig, eine Führung, die diese innere Qualität schätzt und hütet. Nur dann ist Höchstleistung in Aus­nahmesituationen ebenso wie im Alltag möglich.

Darüber hinaus liegt es bei der Führung, generell einen guten Rahmen für die Ausübung der Tätigkeiten zu si­chern. Das umfasst auch Diskussionen mit der Verwal­tung zu Budgets, die im kommunalen Umfeld ebenso sparsam eingesetzt werden müssen wie in der Wirt­schaftswelt.

Was Führungskräfte im Business mitnehmen können
Zum Abschluss betonte Ulrich Zander die Bedeutung klarer Erwartungen für den Erfolg einer Organisation. Ein gemeinsames Verständnis kann von der Führungs­kraft nicht vorausgesetzt werden, da Menschen ver­schiedene Blickwinkel haben und Anforderungen unter­schiedlich interpretieren. Klarheit lässt sich nur über Kommunikation und viele Gespräche schaffen.

Damit entsteht ein Rahmen für den Erfolg. Diesen zu etablieren sieht Zander als zentrale Aufgabe der Füh­rung an. In einem solchen stabilen Rahmen kann sich die innere Motivation der Menschen im Sinne der Ziele der Organisation zu einem Optimum entfalten.

Teilnehmerstimmen
Die rund 25 Teilnehmer im Industrie-Club Düsseldorf waren positiv berührt von den offenen Worten, die Ulrich Zander gefunden hatte. Die Einblicke in die Welt der Feuerwehr wurden als äußerst wertvoll gewer­tet. Im Anschluss an das Interview befand sich Ulrich Zander beim Networking-Teil des Abends in intensiven persönlichen Gesprächen und beantwortete weitere Fragen der Teilnehmer.

Dr. Anja Henke
Vorstandsmitglied der RG Düsseldorf

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