Schwerpunkt Leistungen des Verbandes
von Jürn-F. Konitzer
Sobald das „Berufsleben im Allgemeinen“ aufkommt, werde ich als Berater mit dem Schwerpunkt „Berufliche Neuorientierung“ gerne aufgefordert, meinen Job zu erklären. Und kurz darauf kommt meist die Frage, ob es für ebenjene Neuorientierung eine goldene Regel gibt. Wie es sich gehört, finden solche Gespräche meist weitab des Berufslebens statt, etwa auf Partys. Sie kennen die Situation. So wie gerne der Arzt nach den akuten Schmerzen im Arm befragt wird, hätte man gern das Patentrezept für berufliche Veränderung. Should I stay or should I go? Anrufen oder anrufen lassen? Druck machen oder aussteigen? Diese und ähnliche Fragen bewegen gerade Fach- und Führungskräfte offensichtlich sehr. Manchmal scheint es eine Art inneren Druck nach einer Veränderung zu geben, der allein vielleicht schon deutlich macht, warum jede dieser Fragen nur schwierig – weil sehr individuell – zu lösen ist. Da eben jeder Mensch anders ist und jeder Fall sowieso, gibt es DEN guten Ratschlag leider nie. Und unabhängig vom internen oder externen Auslöser für das Nachdenken über die gegenwärtige berufliche Situation stellt sich die Fragen: Wie stellt man diese Veränderung an und wo soll die Reise überhaupt hingehen?
Um sich dem Thema auf eine andere Art zu nähern und stärkeren Einblick zu gewinnen, haben wir uns bei Konitzer & Tafel Management zusammengesetzt, um anhand unserer eigenen Arbeit vielleicht eine erste Orientierung zu geben. Dazu haben wir zu Beginn des Jahres 2019 einen Rückblick gewagt und die Beratungsmandate der vergangenen fünf Jahre ausgewertet. Vielleicht hilft es, etwas Klarheit zu gewinnen.
Neuer Job = mehr Geld
Eine gute Nachricht für den Start: Wir konnten bei unseren Mandanten mit Arbeitsplatzwechsel eine positive Einkommensentwicklung von durchschnittlich ca. 7 % feststellen. Man wird allerdings etwas Geduld mitbringen müssen, denn der durchschnittliche Veränderungsprozess beträgt rund acht Monate. Wobei wir sagen können, dass 93 % unserer Mandanten in dem Zeitraum von fünf bis 12 Monaten Suchzeit eine neue Aufgabe gefunden haben.
Wenn wir feststellen, dass der Anteil weiblicher Mandate zugenommen hat, klingt das zunächst per se nicht wie eine gute Nachricht. Da wir aber den Eindruck haben, einen Querschnitt deutscher Führungskräfte in unserer Beratung zu repräsentieren, gehen wir davon aus, dass der Anteil weiblicher Führungskräfte insgesamt angestiegen ist. Führung wird in Deutschland langsam weiblicher, auch wenn wir in unserer Beratung derzeit ein Verhältnis von 20 % weiblich zu 80 % männlich haben.
Branchenwechsel?
Schwierig bleibt dagegen ein Wechsel über Branchen hinaus. Die Bereitschaft deutscher Unternehmen, Führungskräfte außerhalb der eigenen Branche zu akzeptieren, bleibt gering. Branchenwissen ist nach wie vor ein wichtiger Faktor in der Einstellung. Da sind uns andere Länder wie etwa die USA voraus.
Insgesamt können wir sagen, dass unsere Mandanten über verschiedene Wege eine neue Tätigkeit gefunden haben: 41 % über gemeinsam entwickelte Netzwerke, 34 % über Personalberater bzw. Headhunter, 12 % über Direktansprache von Unternehmen, 9 % über digitale Plattformen und 4 % über Anzeigen. Besonders spannend finden wir, dass sich die Marktvernetzung unserer Mandanten nach der Beratung um ein Vielfaches erhöht hat.
Ein paar allgemeingültige Hinweise gibt es vielleicht doch
Berufliche Transition erfordert einen Prozess, der zur inneren Bereitschaft der Veränderung führt. Sie verlangt, sich auf etwas Neues und Unbekanntes einzulassen, Risiken einzugehen und dabei liebgewonnene Angewohnheiten, Freunde und im Zweifelsfall die Familie erst einmal räumlich und für längere Zeit hinter sich zu lassen. D.h., es gilt, sich und das Umfeld auf innere und äußere Widerstände zu Gunsten der Karriere vorzubereiten. Veränderung ist ein brutaler Prozess. Sie erfordert, dass man sich irgendwie damit beschäftigt, etwas loszulassen, ohne gleichzeitig zu wissen, wo genau die Reise hingeht.
Netzwerke knüpfen ist wichtig
Daher ist die Offenheit für das Neue und die positive Einstellung, auch zu einer umfangreicheren Veränderung, ein Erfolgskriterium für das Gelingen des Karriereschrittes. Das Motto muss sein, rauszukommen aus dem Schneckenhäuschen und so viele Gespräche wie möglich zu führen. Etwa bei Treffen des DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte. Die Gesprächspartner dürfen ruhig aus unterschiedlichsten Branchen, Funktionen und Unternehmen kommen, um die verschiedenen Informationen, Hinweise und Meinungen aufzunehmen und aus Ihnen zu lernen. So können die eigenen Ziele sauber zugespitzt werden und die Story bzw. Eigenpräsentation verbessert sich.
In unserer Beratung haben sich einige Eigenschaften als Erfolgsfaktoren herausgestellt
Die innere Einstellung. Eine offene und positive Einstellung gegenüber Veränderungen beeinflusst die Qualität der Zusammenarbeit. Wichtige Themen werden schneller erfasst und auf eine hilfreiche Weise bearbeitet. In der Regel verbessert sich auch das persönliche Auftreten in Interviews und die Qualität der Gespräche. Auch frustrierende Momente und Rückschläge werden besser verarbeitet. Insgesamt wird der berufliche Übergang positiver erlebt und die Erfahrungen aus dieser Zeit werden in die neue Aufgabe mitgenommen.
Die Fähigkeit zur Reflexion. Executives und Manager mit diesen Fähigkeiten können Zusammenhänge besser erfassen, zuordnen und aus ihnen lernen. Die Brücke zwischen den eher objektiven Eindrücken und der eigenen Emotionalität wird verstanden. Die Lern- und Entwicklungsfähigkeit nimmt so schnell zu. Dadurch wird die Zusammenarbeit deutlich verbessert und die Suchzeit kann verkürzt werden.
Aktivität & Fleiß. Die konsequente Umsetzung von Erfahrungswissen und Hinweisen hilft enorm. Auf diese Weise kann das Netzwerk aus persönlichen Kontakten, Headhuntern und Entscheidungsträgern erweitert und zielführend genutzt werden. Das Arbeiten in der Black Box wird so transparenter und das Feedback dient der Orientierung. Die Suchzeit wird spürbar verbessert.
Erwartungsmanagement. Es hilft, wenn die Fähigkeit zur Anpassung der Erwartungen an die Realität ausgeprägt ist. Das Lernen aus den Gesprächen und das Ausrichten der Erwartungen an spezifischen Situationen und Marktgegebenheiten fördert den Entwicklungsprozess in der Transitionsphase. Übertriebene Erwartungen sind Gift für die berufliche Entwicklung.
Hartnäckigkeit und Frustrationstoleranz. Der Suchprozess ist durch viele Höhen und Tiefen und durch eine permanente Anpassung der Executives und Manager an die neuen Gegebenheiten gekennzeichnet. Das kostet Kraft. Optimistisch zu bleiben und den Glauben an die richtige Aufgabe nicht zu verlieren ist sowohl für die eigene Entwicklung als auch für die Suchdauer sehr hilfreich.
Die Mobilität. Die Bereitschaft zur Mobilität ist definitiv eine Voraussetzung für einen erfolgreichen Berufswechsel. Sie ist in Deutschland besonders wichtig, da die Wirtschaftszentren verteilt sind und interessante Unternehmen teilweise recht ländlich angesiedelt sind.
Ansonsten: Sollten Sie mich demnächst auf einer Party treffen, müssen Sie mich ja nicht mehr nach meinem Job fragen. Drücken Sie mir einfach ein Kaltgetränk in die Hand. Und dann stehe ich für Ihre ganz persönlichen Fragen zum Thema Veränderung und Karriere zur Verfügung.
Kontakt: jfk(at)konitzer-tafel.de
Konitzer & Tafel sind seit vielen Jahren Partner des DFK. Mitglieder erhalten hier Vorteile.
Bildquelle: © Konitzer