YL-Infodienst
Darf der Arbeitgeber im laufenden Arbeitsverhältnis oder aus Anlass einer Bewerbung eine Gesundheitsuntersuchung des Arbeitnehmers bzw. des Bewerbers verlangen?
Antwort: Eine Verpflichtung, sich während des laufenden Arbeitsverhältnisses Gesundheitsuntersuchungen zu unterziehen, besteht nur für bestimmte Arbeitnehmergruppen, die besonderen Gefahren ausgesetzt sind oder eine besondere Verantwortung tragen. Dies gilt zum Beispiel für Beschäftigte im Lebensmittelgewerbe oder für Piloten. Daneben besteht eine Pflicht zur Teilnahme an Gesundheitsuntersuchungen grundsätzlich nicht.
Oftmals kommt jedoch die Frage auf, ob der Arbeitnehmer bei einem berechtigten betrieblichen Interesse des Arbeitgebers eine ärztliche Untersuchung seines Gesundheitszustands dulden muss. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich aufgrund von Erkrankungen des Arbeitnehmers die Frage stellt, ob dieser die Arbeitsleistung künftig überhaupt noch wird erbringen können. In einem solchen Fall ist das Interesse des Arbeitgebers an der geforderten Untersuchung abzuwägen gegen das Interesse des Arbeitnehmers an der Wahrung seiner Intimsphäre und körperlichen Unversehrtheit. Zur Duldung einer Blutentnahme ist der Arbeitnehmer regelmäßig nicht verpflichtet. Auch muss der Arbeitnehmer nicht dem Ansinnen des Arbeitgebers Folge leisten, sich von einem Psychiater untersuchen zu lassen.
Mithilfe so genannter Einstellungsuntersuchungen aus Anlass einer Bewerbung soll dagegen festgestellt werden, ob der Bewerber körperlich den Anforderungen des Arbeitsplatzes gewachsen ist. Solche Untersuchungen sind nur auf freiwilliger Basis und nur bei einem berechtigten Interesse des Arbeitgebers zulässig. Eine Einstellungsuntersuchung darf sich nur auf die gegenwärtige Eignung des Bewerbers beziehen. Ein Bezug ist dann gegeben, wenn festgestellt werden soll, ob die Krankheit die Eignung des Bewerbers für die angestrebte Tätigkeit auf Dauer oder in regelmäßigen Abständen wiederkehrend erheblich beeinträchtigt oder ausschließt. In der Regel werden Gesundheitsuntersuchungen von einem hierzu berufenen Werksarzt durchgeführt.
Auch im Arbeitsverhältnis besteht der Grundsatz der freien Arztwahl. Es ist für den Arbeitnehmer daher nicht verpflichtend, die Untersuchung etwa von einem Betriebs- oder Werksarzt durchführen zu lassen. Allerdings kann der Arbeitgeber darauf bestehen, dass die Untersuchung von einem fachlich geeigneten Arzt vorzunehmen ist. In der Praxis erfolgt die Untersuchung vielfach durch den arbeitsmedizinischen Dienst – eine vom Arbeitgeber unabhängige Einrichtung mit entspre- chend ausgebildeten Ärzten.
sb