RG Hessen lässt mit zwei Vordenkern das Jahr 2023 ausklingen und das NEUE Jahr starten; Avantgardist Lyonel Feininger und Futurologe Max Thinius – Gestalter, die Lebenswelten und -realitäten in ihren Facetten erfass(t)en
Kristalline Architekturen, politische Karikaturen, humorvoll-groteske Stadtansichten und karnevaleske Figuren prägen laut der SCHIRN Kunsthalle Frankfurt die künstlerische Welt des Deutschamerikaners Lyonel Feininger – Künstler der Moderne. Mit einer Führung durch die Ausstellung „LYONEL FEININGER. RETROSPEKTIVE“ an eben diesem Hort der Kunst, lud die RG Hessen am 6. Dezember 2023 Ihre Mitglieder zum vorweihnachtlichen Get-Together. Feininger – bekannt durch seine Gemälde von architektonischen Bauwerken in geometrischer Farbharmonie – beeindruckt in seinem künstlerischen Œuvre nicht nur als Maler, sondern überrascht nicht minder als Karikaturist, Grafiker, Fotograph und in seiner Rolle als Lehrer und Leiter der grafischen Werkstatt an der Bauhausschule in Dessau. Als Künstler verfolgte er seine avantgardistischen Ideen zeitlebens mit großer Neugier und blieb dabei in den Ausdruckstechniken anpassungsfähig. Als Person mit US-amerikanischem Pass – das überrascht im Lebenslauf – liebte er Deutschland und sah es als seine Heimat an. Treffend hierfür malt er die Werkgruppe Gelmeroda-Zyklus, aus dem wir einzelne Gemälde mit Ansichten der Dorfkirche dieses kleinen Vorortes südwestlich von Weimar in der Ausstellung betrachten können. Wie unsere fachkundige Kunstführerin zu berichten weiß, orientiert sich Feininger im Schaffen an der Realität – es sind aber Stimmungen, die er einfängt. Das Licht denkt er dabei (so erfahren wir) immer mit und arbeitet es in seine Werke ein. Als Künstler zwischen zwei Weltkriegen und in zweiter Ehe erneut mit einer Jüdin verheiratet, wird Lyonel Feininger schließlich doch in die Vereinigten Staaten von Amerika zurückkehren. Die Ausstellung zeigt auch dort entstandene Arbeiten, exemplarisch in Form der Häuserschluchten in Manhattan / New York. Aus der Erinnerung an die alte Heimat schafft er im US-amerikanischen Exil im Jahr 1955 – und damit kurz vor seinem Tod im Januar 1956 – eine Lithografie von Gelmeroda, mit der dieser Zyklus endet wird. In Deutschland machen die Nationalsozialisten ihr Geld mit dem Künstler durch Verkauf seiner (als entartet beschlagnahmten) Werke. Immerhin rund 400 Positionen, die seine Beliebtheit bei Sammlern und Museen gleichermaßen belegen und seine Rolle als Künstler der Moderne eindrucksvoll unterstreichen. Im Anschluss an den Rundgang durch diese anregende Ausstellung folgte so manches gute Gespräch beim Get-Together mit Glühwein, Crêpes und Bratwurst auf dem Römerberg, im Licht und Ambiente des festlich-geschmückten Frankfurter Weihnachtsmarktes.
Unweit vom Römerberg, im Haus am Dom, hat die die RG Hessen am 22. Januar 2024 auch zum Jahresauftakt geladen, eine Veranstaltung in gemeinsamer, langjähriger Partnerschaft mit dem Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME). Futurologe und Zukunftsgestalter Max Thinius hat uns dabei unter Überschriften wie „Die Zukunft denkt anders“, „Die Zukunft kommt nicht – wir gestalten Sie!“ oder auch „SHIFT HAPPENS“ seine Zukunftsüberlegungen zum Start in das Jahr 2024 vorgestellt. Gefühlt ändert sich gerade unser aller (Lebens-)Welt. Diese, i. W. technologisch getriebenen Veränderungen, bestimmen die gesellschaftliche Ordnung und Strukturen gesamtheitlich – Herr Thinius verweist auf die 17 Lebensbereiche unserer Zukunft (exemplarisch seien hier Wohnen, Arbeit, Wirtschaft & Handel, Mobilität, Finanzwesen oder auch Konsum & Produktion genannt). So werden wir zukünftig anders leben, anders arbeiten, anders Wirtschaft gestalten. Kommt mit der Digitalisierung „nur“ eine neue Technologie, findet diese jedoch Anwendung in allen Lebensbereichen – gleichzeitig. Wie sich die Gesellschaft merklich im 19. Jahrhundert im Zuge der Industrialisierung vom Agrarstaat hin zum Industrieland angepasst hat, hält nun die Digitalisierung Einzug. Wichtiger Key Fact hierbei: Die Veränderung findet langsam statt – dafür kontinuierlich. Max Thinius nennt einen Wert von jährlich 3 – 5 % als realistisch. SLOW FUTURE anstatt FAST FUTURE. Denn: Zukunft muss Spaß machen – muss Leute abholen und mitnehmen können. DIGITALITÄT = Digitales trifft auf Realität. Ein weiterer Kernaspekt ist die stete Vernetzung der Gesellschaft, von DEZENTRAL (Agrarstaat) zu ZENTRAL (Industrieland) und nunmehr POLYZENTRAL. Herr Thinius stellt uns Facetten von moderner Stadt- und Regionalentwicklung vor, wie auch Impulse für das Zusammenleben und den souveränen Umgang bzw. Zugang zu den eigenen Daten im Licht von Künstlicher Intelligenz (KI). Wir hören und erfahren lebens- und praxisnahe Konzepte und Szenarien und lernen, Futurologen denken GANZHEITLICH. Sie beziehen diverse Parameter in ihre Betrachtung ein, denn nur aus dieser ganzheitlichen Betrachtung werden viele Möglichkeiten der Zukunft erst sichtbar. Am Ende des Vortrages ist klar: Vor der Zukunft braucht Niemand Angst zu haben. Wir sind in unserer Zukunftsvision ermutigt und schauen positiv in ihre Richtung. Eine rege Frage & Antwort-Runde zum Ende des Vortrages belegt die Relevanz des Themas. Auch diese Veranstaltung schloss mit einem lebhaften Get-Together am Buffet und vielen guten Gesprächen. Ein gelungener Auftakt ins Jahr 2024!
Nancy Luthardt
Copyright © 2024 Max Thinius
Lyonel Feininger, Selbstbildnis, 1915, Öl auf Leinwand, 100,3 x 80 cm, The Museum of Fine Arts, Houston, Ankauf des Museums finanziert durch den Caroline Wiess Law Accessions Endowment Fund, 2014.756, © The Museum of Fine Arts, Houston / VG Bild-Kunst, Bonn 2023