Teilzeit kann nicht wegen Leitungsposition abgelehnt werden

Organisationskonzept des Arbeitgebers nötig

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Einmal mehr hat sich in einer aktuellen Entscheidung gezeigt, dass Teilzeitanträge – auch in Führungs­positionen – nicht einfach abgelehnt werden können. Und auch nicht, weil nach der „unternehmerischen Zielsetzung“ des Arbeitgebers auf der Führungsposition keine Teilzeit möglich sei. Das hat das Landes­arbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern entschieden (Urteil vom 26.9.2023 – 2 Sa 29/23).

Die Klägerin war Filialleiterin und machte einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 Absatz 1 TzBfG geltend. Der betreffende Markt war Montag bis Samstag jeweils zwischen 7:00 Uhr bis 20:00 Uhr geöffnet. In dem Markt arbeiteten neben der Klägerin fünf Mitarbeiter mit einer Wochenarbeitszeit zwischen 25 und 30 Stunden. Bei Abwesenheit der Klägerin übernehmen die Mitarbeiter die Schichtleitung. Die Filialleiterin wollte nun die Wochenarbeitszeit von 39 auf 32 Stunden verringern bei einer Verteilung auf vier Arbeitstage pro Woche. Das Unternehmen lehnte das unter Verweis darauf ab, es sei ihr Organisationskonzept, dass die Marktleitungen in Vollzeit tätig seien. So sei eine größtmögliche Präsenz der Marktleitung erforderlich, um als Ansprechpartner für die Mitarbeiter zur Verfügung zu stehen. Zudem habe sich das Unternehmen erfolglos darum bemüht, eine Marktleitung auf Basis von sieben Stunden pro Woche einzustellen, um dem Teilzeitverlangen der Klägerin entsprechen zu können.

In diesen Fällen ist die Prüfung der betrieblichen Gründe in drei Stufen vorzunehmen: Zunächst ist festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung ein betriebliches Organisationskonzept zugrunde liegt, und wenn ja, um welches Konzept es sich handelt (1. Stufe). Weiter ist dann zu untersuchen, inwieweit das Organisationskonzept dem Teilzeitverlangen tatsächlich entgegensteht (2. Stufe). Schließlich ist das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen (3. Stufe).

Diese Voraussetzungen konnte das Unternehmen nicht erfüllen. Die bloße Vorgabe, die Position der Filialleitung nicht mit Teilzeitbeschäftigten zu besetzen, stelle noch kein Organisationskonzept dar, so die Richter. Andernfalls könnte der Arbeitgeber jedem Teilzeitverlangen mit dem Argument entgegentreten, er wolle nur Vollzeitarbeitnehmer in bestimmten (Leitungs-)Positionen beschäftigen.

Letztlich konnte die Frage nach dem Bestehen eines Organisationskonzeptes jedoch dahinstehen: Das Unternehmen hatte auf der 3. Stufe keine Gründe dargelegt, nach denen das Teilzeitbegehren die dem möglichen Organisationskonzept zugrundeliegende unternehmerische Aufgabenstellung wesentlich beeinträchtigen oder unverhältnismäßige Kosten verursachen würde. Konkrete Betriebsstörungen hatte das Unternehmen auch nicht genannt.

Leitungsfunktionen müssten angesichts der Öffnungszeiten des Marktes auch bei Vollzeitarbeit zeitweise auf Vertretungen verteilt werden. Zudem sei nicht ersichtlich, dass personalbezogene Aufgaben in 32 Stunden nicht zu erledigen seien, wenn in anderen Filialen in 39 Wochenstunden bis zu 20 Mitarbeiter zu betreuen seien.

Fazit: Die Darlegung der betrieblichen Gründe nach § 8 Absatz 4 Satz 1 TzBfG muss schon nach bisheriger Rechtsprechung hohe Hürden nehmen. Die Entscheidung des LAG setzt darauf auf: Der Arbeitgeber muss die entgegenstehenden betrieblichen Gründe konkret darlegen und detailliert belegen, welche negativen Konsequenzen eine verringerte Arbeitszeit auf die betrieblichen Abläufe hätte. Allein eine unternehmerische Vorstellung, dass die „richtige“ Arbeitszeit einer Leistungsposition Vollzeit zu sein habe, reicht jedenfalls nicht aus.

Sebastian Müller

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