DFK-Untersuchung zu arbeitsvertaglichen Regelungen
Der DFK hat im Auftrag der WirtschaftsWoche 200 Arbeitsverträge von Konzernen, aber auch kleineren und mittleren Unternehmen untersucht. Das Ergebnis: In mehr als jedem zweiten Vertrag (53 %) stehen Lohn-schweigeklauseln. „Dabei wissen die meisten Unternehmen durchaus um die Unwirksamkeit der Klauseln“, urteilt DFK-Verbandsgeschäftsführer Müller gegenüber der WiWo, die hierüber in ihrer Ausgabe 20 berichtet.
Während des Arbeitsverhältnisses versteht sich von selbst, dass Arbeitnehmer verpflichtet sind, über Betriebsgeheimnisse Stillschweigen zu bewahren, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse daran hat: Dabei kann es sich um Technik, Rezepte oder auch persönliche Daten handeln. Den Verrat von Betriebsgeheimnissen stellt § 17 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) sogar unter Strafe.
Nicht selten werden aber Arbeitnehmer in Ihrem Vertrag aber darüber hinaus verpflichtet, über die Höhe ihres Gehalts Stillschweigen zu bewahren, z. B. um bei den Kollegen keine Begehrlichkeiten zu wecken oder um die eigenen Gehaltsstrukturen im Unklaren zu lassen. Die Klauseln lauten dann etwa:
„Über die Höhe und Zusammensetzung des Gehaltes bewahren Sie Stillschweigen.“
„Die Verschwiegenheitspflicht bezieht sich auch auf die Gehaltshöhe.“
„Die Inhalte dieses Vertrages, auch die Gehaltshöhe, sind geheim zu halten.“
Die aktuelle DFK-Untersuchung hierzu zeigt: Über die Hälfte der Arbeitsverträge beinhaltet eine solche Regelung. „Diese weite Verbreitung ist erstaunlich, da die Klauseln in den allermeisten Fällen unwirksam sind“, so Müller. „Trotzdem zeigen Sie Wirkung: Die meisten Arbeitnehmer halten sie für wirksam und halten sich sicherheitshalber daran, um keine Abmahnung oder schlimmeres zu riskieren.
Die Wirksamkeit dieser Verschwiegenheitsklauseln ist zwar noch nicht höchstrichterlich geprüft, allerdings hat das Landesarbeitsgericht (LAG) in Mecklenburg-Vorpommern bereits am 21.10.2009 geurteilt, dass eine Verschwiegenheitsklausel zum Gehalt unwirksam ist, da sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt. Das Landesarbeitsgericht argumentiert, dass jeder Arbeitnehmer frei über sein Gehalt sprechen können müsse, weil das Gespräch selbst die einzige Möglichkeit sei, festzustellen, ob der Arbeitgeber bei der Lohnhöhe den Gleichbehandlungsgrundsatz einhalte. Zudem verstoße die vertragliche Verschwiegenheitsvereinbarung gegen das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit.
Auch eine umfassende Schweigepflicht, etwa durch die Vereinbarung von sog. „All-Klauseln“, ist regelmäßig nach § 138 BGB unzulässig, da die Meinungs(äuße-rungs)freiheit des Arbeitnehmers aus Art. 5 Absatz 1 GG dadurch unverhältnismäßig beschnitten würde (so auch der Bundesgerichtshof am 20.01.1981). Dies gilt etwa für eine vertragliche Pflicht des Arbeitnehmers, über alle ihm im Berufsleben bekannt gewordenen geschäftlichen sowie betrieblichen Tatsachen Stillschweigen zu bewahren.
Und bei jeder Konkretisierung hinsichtlich besonderer Schweigepflichten muss der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse hieran darlegen und ggf. beweisen (so das LAG Hamm vom 05.10.1988). Dies ist bei der eigenen Gehaltshöhe so gut wie ausgeschlossen. Dass das Gehalt dieses einen Mitarbeiters z. B. als Teil der Umsatz- und Gewinnkalkulation ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis darstellt, ist kaum denkbar.
Vor allem sehen nun die neuen Regelungen des Ent-gelttransparenzgesetzes wie auch die aktuell vorgeschlagene Richtlinie der EU-Kommission zur Lohntransparenz notwendigerweise vor, dass das Gehalt transparent sein kann und muss, wenn der Arbeitnehmer die faire Bezahlung im Unternehmen überprüfen und sicherstellen will. Insofern wird es schon deswegen keinen Grund mehr geben, der Transparenz einen Riegel vorzuschieben.
Und um hier endlich Klarheit zu schaffen, forderte der DFK in seiner Stellungnahme gegenüber der EU-Kommission Geheimhaltungsklauseln für Entgelte in Verträgen ausdrücklich zu verbieten. Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie sage zwar bereits, dass „Arbeitnehmer nicht daran gehindert werden dürfen, ihr Entgelt offenzule-gen, um den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durchzusetzen“. Aus Sicht des DFK wäre es aber wichtig, niedrigschwelliger und deutlicher ein Zeichen zu setzen, dass aus der freiwilligen Offenlegung des eigenen Gehaltes kein Nachteil entstehen kann – in welchem Zusammenhang auch immer die ArbeitnehmerIn sich dazu entschließt. Das EU-Parlament hat in seinen Änderungs-vorschlägen dies so übernommen – die Chancen, dass die Lohnschweigeklauseln also bald aus den Verträgen verschwinden, stehen nicht schlecht. Und bis dahin lassen Sie sich davon bitte nicht beirren.
mü