von Marie Döring und Dr. Manfred Strombach
Die Medien diskutieren oft über den deutlich erkennbaren Unterschied der Vergütung von Vorstandsvorsitzenden und -mitgliedern im Vergleich zu ihren Angestellten. Inhalt der Diskussion ist die Höhe der Vorstandsgehälter: Diese übersteigen oftmals um ein Vielfaches die Gehälter von den Angestellten. Mit Einführung des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) haben deutsche Vorstände und Aufsichtsräte Grundsätze, Empfehlungen und Anregungen erhalten, wie sie ihr Unternehmen in Einklang mit den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft führen können. In dem Kodex werden die Führungskräfte von börsennotierten Unternehmen dazu aufgerufen, die Interessen von Aktionären, Belegschaft und anderen Stakeholdern in ihrem wirtschaftlichen Handeln zu berücksichtigen.
Der DCGK greift neben den Aufgaben und Zuständigkeiten die Vergütung von deutschen Vorständen auf. Am 9. Mai dieses Jahres wurde er überarbeitet. Es gibt u. a. neue Vorschriften zur Vergütungszusammensetzung von Vorständen und erweiterte Anforderungen an die Berichterstattung über die Vorstandsvergütung sowie an die Vergütungssysteme.
Ab sofort haben die Aktionäre von börsennotierten Unternehmen bei der Vergütungsfindung von Aufsichtsrat und Vorstand Mitspracherecht („Say on Pay“). Zudem soll fortan in der Erklärung zur Unternehmensführung über die Corporate Governance der Gesellschaft berichtet werden. Zuvor hatte die Trennung von der Erklärung der Unternehmensführung und dem Corporate- Governance-Bericht zu Missverständnissen geführt. Im Geschäftsjahr 2018 haben 138 von 160 börsennotierten Unternehmen die Vergütung ihrer Vorstände nachvollziehbar offengelegt. Von 752 Vorstandsfunktionen waren somit 646 Stellen auf Grundgehalt und Total Cash (der Summe von Grundgehalt und variabler Vergütung) analysierbar. Erkennbar ist außerdem, dass die Transparenz der Offenlegung der Vorstandsvergütung über die Börsenindizes hinweg zunimmt.
Frauen? Fehlanzeige.
Im DCGK wird den Vorständen außerdem empfohlen, auf eine angemessene Vielfalt der Geschlechter in Führungspositionen zu achten. An der Umsetzung der Empfehlung scheint es zu hapern. So waren im Jahr 2018 nur rund 8 % Frauen in deutschen Vorständen vertreten. Von diesen 58 Frauen hatten nur drei Frauen den Vorstandsvorsitz inne.
Eine weitere Empfehlung des DCGK schlägt vor, die Vorstandsgehälter so zu gestalten, dass eine gesellschaftliche Akzeptanz dieser erreicht wird. Die Medienberichte suggerieren mit ihrem Unmut über die klaffende Lücke zwischen Vorstandsgehalt und Angestelltengehalt, dass die Vorstandsgehälter nicht auf gesellschaftliche Akzeptanz stoßen. So hob sich das durchschnittliche Vorstandsgehalt eines DAX- und MDAX-Vorstands im Geschäftsjahr 2018 4-fach von dem Gehalt eines Leitenden Angestellten ab. Im Total Cash spreizte der Abstand im Durchschnitt vom 7- bis zum 23-Fachen. Die Dax-Vorstände verdienen im Durchschnitt verglichen mit ihren Mitarbeitern an Grundgehalt das 45-Fache. Beim Total Cash liegt das Vorstandsgehalt beim 47-Fachen des Gehalts eines Mitarbeiters.
Auch innerhalb des Vorstands kommt es zu Gehaltslücken: So beträgt der durchschnittliche Grundgehaltsabstand eines Vorstandsvorsitzenden zu seinen Vorstandsmitgliedern 79 %. Im Total Cash ist dieser Abstand noch höher.
- Führungskräfte müssen vorleben
Nach DCGK gehört es zu den Aufgaben des Vorstands, für die Einhaltung und Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen und der unternehmensinternen Richtlinien (Compliance) zu sorgen. Wird der DCGK ganzheitlich als Regel oder Norm für Vorstände verstanden, so wäre die Einhaltung der im DCGK festgehaltenen Empfehlungen eine Form der Vorstände, Compliance auf Führungsebene vorzuleben. So handeln Führungskräfte aus einer Vorbildfunktion heraus und könnten Compliance im Unternehmen authentischer sicherstellen. Schließlich ist es nicht ungewöhnlich, dass die Einhaltung von Regeln für Angestellte am besten gelingt, wenn der Chef sich auch an Regeln und Normen hält.
Angesichts der vorangegangen diskutierten Ergebnisse stellt sich die Frage, ob der DCGK bezogen auf die Vorstandsvergütung und Vorstandsbesetzung nicht nur Empfehlungen und Anregungen geben sollte, sondern konkrete Vorschläge für eine Angemessenheit der Vorstandsvergütung sowie für eine ausgeglichene Verteilung von Mann und Frau in Vorstandspositionen anbringt.
Auch eine Festlegung eines Gehaltsabstands innerhalb und außerhalb des Vorstands zu den Leitenden Angestellten und Mitarbeitern kann eine positive Wirkung auf die gesellschaftliche Akzeptanz erzielen. Zudem würde dies ein weiteres Ziel des DCGK erfüllen und eine Transparenz in der Vergütung auf Führungsebene erreichen.
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