Führen in unsicheren Zeiten
Wir haben es nicht leicht. Eine Pandemie hält uns immer noch im Griff und ist ein Symptom für unsere komplexe und unsichere Welt, in der wir für Stabilität und Ertrag sorgen müssen. Die Symptome spüren wir in Form von starken Veränderungen, von Umsatzrückgängen, von Mitarbeitern und Kunden, die anders als früher ticken. Überhaupt – vieles funktioniert nicht mehr so, wie wir es gewohnt sind.
Technologien, insbesondere die Digitalisierung, haben unser gesamtes Leben in allen Bereichen in einer enormen Geschwindigkeit verändert. Die Veränderung als andauernder Prozess ist das einzig Sichere, auf das wir zählen können.
Quantitative Faktoren des alten Wirtschaftsparadigmas und ein ‚Höher, Schneller, Weiter‘ werden uns im globalen Wettbewerb kläglich versagen lassen. China und Amerika sind größer und zahlreicher, da können wir uns mit vergangenen Erfolgen nicht schmücken.
Mit der „Power of Scale“, haben die Amerikaner mit ihren Größen- und Skalierungs-Ambitionen eine ausreichend große Weltmacht gebildet, gegen die wir nicht mit gleichen Mitteln nachkommen können. Ebenso hat der asiatische Markt mit seiner „Power of the Mass“, eine ungebrochene Innovationsfreude durch ein Milliardenvolk geschaffen, das sich gerade anschickt, die größte Handelsweltmacht zu werden.
Wir grenzen uns mit einer selbstbewussten, nachhaltigen europäischen Positionierung ab, die einen Gegenentwurf zu unendlichem Wachstum aufzeigt. Substanz erreichen wir mit Sinn und der Schaffung eines gesellschaftlichen Mehrwertes – und ökonomischem Mehrwert. Parallel, als Doppelstrategie.
Gemeinsam sind wir mehr als Einzelne.
Power of Purpose
Gemeinsam sind wir mehr als Einzelne. Wird dieses Potenzial der gemeinsamen Kraft und des WIRs verantwortungsvoll mit digitaler Technologie genutzt, so bilden wir eine starke Einheit, die Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit bildet. Unsere europäischen Wurzeln, wie z. B. die Denkrichtungen der Antike, des Humanismus, der Aufklärung und der sozialen Marktwirtschaft, geben uns Europäern eine klare, feste Stellung im globalen Markt, die Sinn, soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit zum Kern von unternehmerischem Handeln bieten kann.
Mit der selbstbewussten Herausstellung unserer humanistischen Werte haben wir klare Stärken und Qualitäten, die tief verankert in unserer Historie liegen. Unternehmen, die nachhaltig und ganzheitlich sinnori-entiert wirtschaften, haben nachweislich mehr Erfolg. Unternehmerischer Erfolg und Nachhaltigkeit stehen gemeinsam vorne, wenn soziale Innovationen sich mit Technologie verbinden und dem Menschen und der Gesellschaft einen Mehrwert bieten.
Digitale Humanisten sichern die Zukunft
Die humanistische Grundhaltung, die eine wertschätzende und menschenorientierte Wirtschaft verfolgt, ist nichts Neues. Doch wenn Führung und Unternehmenskulturen konsequent an Menschen ausgerichtet sind und Technologien und Innovationen für eine sinnvolle, ertragreiche Arbeit sorgen, ist das nicht überall so.
Die Kombination aus Werteorientierung, gepaart mit digitaler Kompetenz, ergibt die Möglichkeit, Technik und Herz intelligent miteinander zu verbinden.
Eine digitale Humanistin führt ihr Team mit Herz und Verstand. Sie weiß, warum und wie sie Digitalisierung einsetzt, um die beste Unterstützung für ihre Ziele zu erreichen. Ihr sind Beziehungen (nach außen) zu Kunden und Partnern ebenso wichtig wie Beziehungen (nach innen) zu Mitarbeitern und Kollegen, um sinnvoll und nachhaltig wirtschaften zu können.
Die beiden Beziehungspole, die ein Unternehmen nach innen und außen zu den Stakeholdern unterhält, sind geprägt von soften Fähigkeiten wie z. B.:
Emotionale Intelligenz | Achtsamkeit | Wertschätzung |
Selbstführung | Beziehungsfähigkeit | Verbundenheit |
Professionalität | Vertrauen | Empathie |
Lernfähigkeit | Wohlwollen | Selbsterkenntnis |
Ermutigung | Toleranz | Vorurteilsfreiheit |
Offenheit | Kommunikationsfähigkeit | Konfliktfähigkeit |
Die beiden Einflusspole Technologie und gesellschaftliche Strömungen prägen die Veränderungen und Verhaltensweisen von Unternehmen und Führungskräften.
Stringenterweise ist eine ganzheitliche, ethische Transformation des Unternehmens notwendig.
Ethische Transformation
Stringenterweise ist eine ganzheitliche, ethische Transformation des Unternehmens notwendig. Doch wie viel Veränderung brauchen wir wirklich? Wie viel Digitalisierung brauchen wir? Und was macht für uns ethische Transformation aus? – Eine WIR-Kultur, die sich gemeinsam entwickelt.
Diese Fragen sind in einem gemeinsamen Diskurs am besten zu beantworten. Schaffen Sie eine Unternehmenskultur, die auf Vertrauen, psychologischer Sicherheit und gemeinsamem Lernen aufgebaut ist. Als Grundlage wird eine agile Transformation des Unternehmens eingeleitet, die mit agiler Zusammenarbeit und digitalen Technologien eine zukunftsfähige Basis für ihre Mitarbeiter schafft. Die darauf abgestimmte ethische Transformation schafft einen konsequenten Veränderungsprozess, der allen Stakeholdern einen qualitativen und dauerhaften Erfolg sichert.
- Eine kraftvolle Unternehmenskultur
- Die Entwicklung von starken mitbestimmenden
- Persönlichkeiten
- New-Leadership-Kultur
- Wertschätzung
- Vertrauen
- Wettbewerbsfähigkeit
- Innovationsfähigkeit und
- Anpassungsfähigkeit
Das sind weitaus anspruchsvollere Herausforderungen als die Anschaffung von neuer Technologie oder die Entwicklung neuer Businessmodelle. Doch tragen genau diese Punkte – Kultur und Führung– zum Gelingen einer digitalen Transformation bei. Führungskräfte sind hier besonders gefragt und müssen als Vorbilder Integrität vorleben und den Purpose aktiv mittragen, um die Glaubwürdigkeit des Unternehmensleitbildes zu unterstützen.
Authentischer Unternehmenspurpose performt
Ein Unternehmenspurpose, der sich in einem glaubwürdigen Wertesystem ausdrückt, gibt zugleich Orientierung und Richtung in einer unübersichtlichen und komplexen Welt. Stabile und gelebte Werte sind für alle Stakeholder ein wichtiger Antreiber und Motivation für Zufriedenheit und Positionierung.
Stabile und gelebte Werte sind für alle Stakeholder ein wichtiger Antreiber und Motivation für Zufriedenheit und Positionierung.
Unternehmenspurposes haben laut einer Studie von Kienbaum bei 75 % der Befragten zu Mitarbeiterzufriedenheit geführt. Und sogar ganze 67 % der befragten Führungskräfte berichten von einer positiven Erhöhung der Gesamtperformance in der Organisation. 64 % berichten von einer erhöhten Produktivität, es wurde bei 62 % eine positive Veränderung in der Neukundenge-winnquote festgestellt und bei 57 % ging die Vertriebsleistung hoch.
Die digitale Transformation und Innovationsfähigkeit sowie die Kundengewinnung sind durch die ethisch-humanistisch getriebene Veränderung signifikant gestiegen. Diese Zahlen sind wichtige Indikatoren für eine erfolgversprechende Bewegung durch „Digitale Humanisten“ und eine ethische Transformation von Unternehmen mit den Mitteln der Digitalisierung.
Digitale und ethische Kompetenz sind zwei enge Begleiter
Die digitale Kompetenz eröffnet ein Grundverständnis für die Technologien und Anwendung von Technik und Tools der Digitalisierung. Mit der digitalen Kompetenz können Fach und Führungskräfte überhaupt erkennen und entscheiden, ob, wozu, wann und in welchem Umfang Digitalisierung eingesetzt werden soll. Sachlich-fachliche Entscheidungen können so schneller und kompetenter getroffen werden. Durchführung und Umsetzung von Aufgaben und Prozessen können mit der digitalen Nutzung besser erledigt werden.
Die digitale Kompetenz eröffnet ein Grundverständnis für die Technologien und Anwendung von Technik und Tools der Digitalisierung.
Neben der digitalen Kompetenz durch Mitarbeiter und Unternehmen ist eine ethisch-humanistische Kompetenz notwendig, um sich darüber klar werden zu können, in welchem Werte-Konstrukt warum und wozu Handlungen durchgeführt werden. Die Fähigkeit eines offenen Diskurses und die Möglichkeit, andere Perspektiven einnehmen zu können, sind entscheidend, um gemeinsame Werte und Erfahrungen teilen zu können und im Einklang mit dem Unternehmenspurpose integere Entscheidungen treffen zu können. Die Gefahr der negativen Rückmeldung durch Kunden (Umsatzrückgang) und Mitarbeiter (innere Kündigungen, Fluktuation) ist nicht zu unterschätzen. Transparenter, offener Umgang mit relevanten Themen, die die Stakeholder intern und extern betreffen, ist von entscheidender Bedeutung. Der aktuelle Fall der Softwarefirma Basecamp, die innerhalb von wenigen Tagen 30 % ihrer Belegschaft verloren hat, zeigt das Ausmaß des Risikos. Unklare Kommunikation und Handlungen der CEOs sowie Top-down-Anweisungen, keinerlei interne Diskussionen über Politik und gesellschaftliche Themen führen zu dürfen. Peinlich, dass die Gründer von Basecamp jahrelang als Branchenvorbilder galten und sogar Bücher über Führung und Kultur geschrieben haben. Ethisches Verhalten ist anspruchsvoll und kann nicht ohne genügend Selbstreflexion gelebt werden. „Walk the talk“ war immer schon nicht einfach.
Solche Fragen werden nicht mehr per „Order di Mufti“ geklärt, sondern in gemeinsamen und agilen Formaten wie
- Workshops,
- Barcamps,
- Open-Fridays oder anderen
- agilen Meeting-Formaten.
Die anstrengende Arbeit des Denkens und der Auseinandersetzung mit Herausforderungen durch alle Mitarbeiter braucht idealerweise eine humanistische Grundbildung mit pragmatischer Umsetzungskompetenz. Eine Stärkung der Fachkompetenz braucht unbedingt auch eine Stärkung von persönlichkeitsentwickelnden Kompetenzen.
Veränderung beginnt bei dir selbst
Jede Führungskraft ist gefordert, an der Selbstkompetenz zu arbeiten. Emotionale Intelligenz, Selbstreflexion, Achtsamkeit und umsichtiges Handeln ist inzwischen nicht nur für die Mitarbeiterführung ein gesetzter Standard, sondern schon aus Selbstschutz und Vorbeugung von psychischen Erkrankungen wie Depression und Burnout essentiell wichtig für den Fortbestand des Unternehmens. Und nicht zuletzt essentiell für die eigene Gesundheit und Zufriedenheit.
Eine klare Kommunikation hilft Ihren Mitarbeiter*innen, ein Purpose- und Strategieverständnis zu entwickeln. In besagter Purpose-Studie ist eine deutliche Diskrepanz der Selbstwahrnehmung zu verantwortungsvoller Führung von Führungskräften und Fremdwahrnehmung von Fachkräften zu verzeichnen (Skalenwert 4,7 zu 3,9).
Ein regelmäßiges Feedback zur Selbstreflexion von Mitarbeitenden und Stakeholdern hilft der Führungskraft, der Rolle des Vorbildes und der Triebfeder für eine ethische Transformation gerecht zu werden.
Je menschlicher wir uns zeigen, desto höher ist der Vertrauenswert, die Glaubwürdigkeit unserer Person, sowie unsere persönliche Wirksamkeit. Beherrschen Sie die Digitalisierung und stellen Sie den Menschen in den Vordergrund – wie ein digitaler Humanist.
Veränderung beginnt immer bei dir selbst.
Über die Autorin
Mela Chu ist digitale Humanistin, CEO und Gründerin der Innovationsberatung BLCKSWN, die sich auf den Menschen in der digitalen Transformation spezialisiert hat.
Mela Chu ist zudem engagierte Dozentin für Digitale Transformation, New Leadership und Design Thin-king. 2021 erscheint ihr Buch zum digitalen Humanismus.