Wissenschaftstalk: Schönheit als Erfolgsfaktor?

Teilnehmer des Wissenschaftstalks v.l. Dr. Joel Binckli, Matthias Pieper,
Philipp Schollmeyer, Dr. Berenike Lampert, Marlene Donner, Achim Donner

Inwieweit spielt der Faktor „Schönheit“ im beruflichen Kontext eine Rolle? Werden physisch attraktive Bewerberinnen und Bewerber im Bewerbungsprozess von Personalern bevorzugt behandelt?

Mit diesen Fragestellungen setzte sich am 22. Mai 2019 die Regionalgruppe Köln des DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte in Kooperation mit dem METIS Institut (Europa-Institut für Erfahrung und Management) der RFH Köln in Form eines Wissenschafts­talks auseinander. Beim Wissenschaftstalk handelt es sich um eine Podiumsdiskussion, die mit einem oder mehreren Fach-Vorträgen beginnt, sich mit einer Podiumsdiskussion fortsetzt und in einer Diskussion mit dem Publikum bzw. anschließendem Netzwerken endet. Die Moderation übernahm Philipp Schollmeyer aus der RG Köln.

Den Einstieg in das Thema bereitete Dr. Joel Binckli, Institutsleiter am Institut für Soziologie und Sozialpsychologie (ISS) an der Universität zu Köln. Dabei konnte Binckli anhand von Studien nachweisen, dass die größten Effekte auf die Einstellungsentscheidung Leistung (Noten) und Erfahrung sind. Negativ fällt der Faktor Arbeitslosigkeit ins Gewicht, während weibliches Geschlecht (im öffentlichen Dienst) und Attraktivität ähnlich positive Faktoren für die Einstellungsentscheidung sind. Schönheit liegt nicht im Auge des Betrachters, sondern es existiert ein biologisch bedingter Attraktivitätskonsens, dieser werde jedoch auch von persönlichen Präferenzen, der Gesellschaft und nicht zuletzt von den Medien beeinflusst. Die Triebfeder ist hierbei letztlich in der evolutionären Logik der Reproduktion zu finden, da mit gewissen weiblichen attraktiven Merkmalen Fruchtbarkeit und mit entsprechenden männlichen attraktiven Merkmalen Durchsetzungsfähigkeit und Verlässlichkeit verbunden würden.

Dr. Berenike Lampert, Marlene Donner, Achim Donner

Stimme zählt

Achim Donner, Personalberater für die ersten zwei Führungsebenen im Mittelstand, erweiterte den Begriff der körperlichen Attraktivität um die Attraktivität der Stimme, die in Verbindung mit rhetorischen Fähigkeiten insbesondere für höhere Führungskräfte einen wesentlichen Faktor in der Wahrnehmung darstelle. Insbesondere mit einem charismatischen Führungsstil könne Attraktivität bei hohen Führungskräften erheblich zum Unternehmenserfolg beitragen. Er führte weiterhin anhand von praktischen Beispielen aus, dass hinsichtlich der Attraktivität oft unbewusste, aber präsente Vorstellungen bei den Einstellenden vorlägen. Dabei habe aus Sicht von Donner beispielsweise in vertriebsnahen Positionen oder in Positionen, in denen es auf den ersten Eindruck ankommt, das Thema Attraktivität durchaus eine Berechtigung.

Volles Haus und gute Diskussion

Marlene Donner, Teilnehmerin bei Germany’s next Topmodel (Top 50), berichtete sehr persönlich aus ihren Erfahrungen mit Konkurrenz, Druck, aber auch neuen Freunden im TV-Format. Sie sah den Schlüssel zum Erfolg in der Sendung in der Verknüpfung von Attraktivität mit weiteren Merkmalen. Wichtig für den Wiedererkennungswert ist das Herausstechen aus der Masse. Ein weiterer entscheidender Erfolgsfaktor ist für Donner Wandelbarkeit, also die Fähigkeit, in unterschiedlichen Kontexten zu überzeugen. Treffen diese Fähigkeiten auf persönlichen Ehrgeiz wie bei Model und Unternehmerin Heidi Klum, stehen die Chancen sehr hoch, sich in der Modewelt und auch in den sozialen Medien durchzusetzen.

DFK-Vorstand und Unternehmer Matthias Pieper nahm den Ball der sozialen Medien auf und beschrieb, wie diese das Bild der Realität verzerren können. Unter anderem in mediennahen Bereichen könne schnell Oberflächlichkeit und damit Unruhe in Teams entstehen. Hier seien starke Führungskräfte und starkes Management gefragt, die die Auseinandersetzung mit sich selbst einerseits und andererseits mit dem Mitarbeiter nicht scheuen. Als prominentes Beispiel nannte er den Fall des Star DJs Avicii, der in einem knallharten Business den Kräften schutzlos ausgeliefert war, da er nicht über eine schützende innere und äußere Führung verfügte, und daran letztendlich zerbrach. Der Schlüssel zu beruflichem Erfolg sind aus Sicht von Pieper die Themen: weiterentwickeln, an sich arbeiten, mit dem Team arbeiten: getreu dem Motto: „Es kann passieren, dass der gut ausgebildete Mitarbeiter geht. Aber was ist, wenn der ungebildete bleibt?“

Fachärztin für ästhetische Dermatologie Dr. Berenike Lampert berichtete über ihre vielseitigen Erfahrungen und Begegnungen in der Schönheitsklinik. Während ihre Patienten einerseits immer jünger würden, konnte sie ebenfalls von einem steigenden Anteil männlicher Patienten berichten. Generell sei das Klientel erfolgreicher Fach- und Führungskräfte eine bedeutende Gruppe unter den Patienten. Nachgefragt würde hier insbesondere ein Frische-Effekt, der von der Umwelt nicht mit einer Schönheitsoperation in Verbindung gebracht werde. Eine ebenso interessante Klientel seien erfolgreiche reifere Führungskräfte, deren Aussehen aufgrund des physischen Alterungsprozesses nicht mehr zur gelebten Dynamik passt.

In der anschließenden Diskussion mit dem Publikum wurde unter anderem auch das Thema Kleidung thematisiert. Da an vielen Stellen Konventionen aufgebrochen werden, steige einerseits die Freiheit, Konventionen zu lockern. Andererseits steige damit auch die Verantwortung, den Kontext korrekt einzuschätzen, so Dr. Binckli. Während sich der Trend an manchen Stellen zu einer übertriebenen Lockerheit, wenn nicht sogar bewusster Gleichgültigkeit entwickle, habe das Auftreten und die Kleidung auch immer etwas mit dem Respekt des Gegenübers zu tun, ordnete Pieper ein. Dr. Lampert ergänzte, dass das Gegenüber definitiv auf die Erscheinung reagiere. So habe sie beispielsweise mit Einsatz von lauten Absätzen und Hochsteckfrisur ein höheres Maß an Respekt in ihrem beruflichen Umfeld wahrnehmen können.

Das Schlusswort übernahm Prof. Dr. Bruns vom Metis Institut der RFH Köln und zeigte sich mit einem Augenzwinkern erleichtert, dass es für ihn mit den Mitteln der Schönheitschirurgie doch noch Hoffnung gäbe, wenn er sich eines Tages vielleicht neu bewerben müsse.

Einen kompletten Mitschnitt der Veranstal­tung finden Sie auf YouTube im Channel des DFK unter „Kriegt die/der Schönste den Job?“.

Philipp Schollmeyer

Bildquellen: © DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte

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