Worauf müssen Leitende Angestellte achten, wenn sie aktuell die Wahlen der Sprecherausschüsse durchführen

Stolpersteine bei Sprecherausschusswahlen in der aktuellen Situation
Nils Schmidt,
Vorstandsmitglied des DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte

Eigentlich finden die nächsten Sprecherausschusswahlen, die parallel zu den Wahlen der Betriebsräte angesetzt werden, erst im nächsten Jahr vom 1. März bis zum 31. Mai 2022 statt.

Dennoch müssen bzw. können die ersten Sprecheraus­schüsse bereits in diesem Jahr das Gremium der Inte­ressenvertretungen der Leitenden Angestellten in den Unternehmen wählen.

Lock- bzw. Shutdown, Homeoffice, Einschränkungen von Versammlungen erschweren jedoch die Organisa­tion und Durchführung dieser Wahlen, die in der Wahl­ordnung zum Sprecherausschussgesetz (SprAuG) recht eng festgelegt wurden. Dennoch sind die Wahlen durchzuführen, auch wenn viele Unternehmen die über­wiegende Zahl der Arbeitsplätze in die privaten Räume ihrer Leitenden Angestellten verlegt haben.

Wie erlangen die Leitenden Angestellten dann aber Kenntnis z. B. vom Wahlausschreiben, das gem. § 3 Ab­satz 4 der Wahlordnung (WO) vom Erlass bis zur Beendi­gung der Stimmabgabe auszuhängen ist? Zunächst muss das Wahlausschreiben wie in § 3 Abs. 4 WO vorgeschrieben an einer oder mehreren Stellen im Unternehmen ausgehängt werden. Gegen eine Ergänzung des „Aushanges“ über eine Veröffentlichung im Intranet, so dass die Leitenden Angestellten die entsprechende Kenntnis nehmen können, ist nichts einzuwenden, solange der „Aushang“ nicht nur online stattfindet.

Es fragt sich nun, wie unter den aktuellen Bedingungen die Wahlvorschläge frist- und formgemäß gem. § 5 Abs. 1 WO beim Wahlvorstand eingereicht werden können. Danach bedürfen die Vorschlagslisten der Schriftform. Eine Übersendung per E-Mail als PDF oder JPG, aber auch per Fax entspricht grundsätzlich nicht der erfor­derten Schriftform. Eine Möglichkeit wäre daher, diesel­be Vorschlagsliste mehrfach in den Umlauf zu bringen, diese jeweils neu unterzeichnen zu lassen und letzt­endlich zusammenzufügen und einzureichen.

Die Bewerbung der einzelnen Kandidat*innen ist auf jeden Fall auch in Pandemiezeiten möglich. So können E-Mails an die Wähler*innen verschickt oder aber auch Veröffentlichungen im Intranet durchgeführt werden.

Ein sicherer Weg zur Durchführung der Wahl könnte z. B. die komplette Ausrichtung per Briefwahl sein. Ist dies aber rechtlich überhaupt möglich?

Das SprAuG sieht grundsätzlich nicht vor, dass ein Wahlvorstand die Sprecherausschusswahl komplett im Wege der Briefwahl für alle Leitenden Angestellten festlegt. § 23 Abs. 1 WO sieht die Möglichkeit lediglich bei einem/einer Leitenden Angestellten vor, der/die „im Zeitpunkt der Stimmabgabe verhindert ist, seine/ ihre Stimme persönlich abzugeben“. Nach dem weite­ren Wortlaut des Absatzes 1 ist dies auch nur „auf Ver­langen“ des/der Leitenden Angestellten möglich. Eine grundsätzliche Anordnung der Briefwahl wäre zwar „co-ronakonform“, jedoch gesetzeswidrig. Eine Ausnahme würde lediglich vorliegen, wenn der Betrieb komplett geschlossen wäre (LAG Hamburg v. 08.07.2015 – 6 TaBV 1/15, in einem ähnlichen Fall), wovon jedoch bei den allermeisten Unternehmen nicht auszugehen ist bzw. sein wird.

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass die Briefwahl nur im absoluten Ausnahmefall für alle leitenden Ange­stellten angeordnet werden darf. Sieht sich der Wahl­vorstand aber in der Lage, ein Wahllokal im Unterneh­men (unter den vorgegebenen Hygienemaßnahmen) zu eröffnen, und ist die persönliche Stimmabgabe ohne eine konkrete Ansteckungsgefahr in dem Wahllokal möglich, ist die Wahl vor Ort durchzuführen.

Für die Anordnung einer Briefwahl für alle Leitenden An­gestellten wäre eine nachvollziehbare Begründung sei­tens des Wahlvorstandes notwendig. Eine fehlerhafte Entscheidung würde schlimmstenfalls zur Anfechtbar­keit der Wahl, aber nicht zur deren Nichtigkeit führen.

Leitende Angestellte, die sich permanent im Homeoffi­ce befinden bzw. durchgehend remote arbeiten, haben die Möglichkeit zur Beantragung der Briefwahl. Dies müsste auch für Leitende gelten, die pandemiebedingt ihre Kinder betreuen müssen und aus diesem Grund nicht ins Büro kommen können.

Nach durchgeführter Wahl sind die Stimmen dann gem. § 12 WO eigentlich öffentlich auszuzählen. Nur sofern die Richtlinien der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin bzw. des Robert-Koch-Instituts eingehalten werden können, die auch für die gesamte Sprecherausschusswahl gelten, ist eine öffentliche Auszählung im Unternehmen durchzuführen. Eine „Live-Übertragung“ wäre dann eine mögliche Alternative.

Die Richtlinien stehen z. B. unter www.rki.de o/u https://www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung-im-Betrieb/Coronavirus/Coronavirus_node.html zum Download bereit.

Sie sehen, Wahlen während der Pandemie sind mit eini­gen Hindernissen verbunden, jedoch sind sie weiterhin möglich. Bei konkreten Fragen stehen wir Sprecher­ausschussmitgliedern mit einer Sondermitgliedschaft jederzeit gerne beratend zur Verfügung.

Sprecherausschüsse, die noch nicht von dieser Sonder­mitgliedschaft Gebrauch gemacht und die Vorteile, die sich aus dieser Mitgliedschaft ergeben, in Anspruch ha­ben, informieren wir gerne! Bitte kontaktieren Sie uns unter sprecherausschuss@dfk.eu, Stichwort: Sondermitgliedschaft.

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