Workation & Co. – eine ganzheitliche Betrachtung

Bildquelle: © AdobeStock
Bildquelle: © AdobeStock

Ortsflexible Arbeitsmodelle können für Arbeitgeber ein Wettbewerbsvorteil im „War for Talents“ sein. Aber nur, wenn es ganzheitlich betrachtet und der eigentliche Bedarf ermittelt wird. Eine menschenzentrierte Arbeitswelt kann nur geschaffen werden, wenn auch die „soft facts“ berücksichtigt werden. Die Travel- & Mobility Expertin Corinna Döpkens gibt einen Einblick in aktuelle Herausforderungen sowie praxisorientierte Handlungsempfehlungen.

Die Kombination von Arbeiten und Reisen ist nicht neu

Immer mehr Unternehmen in Deutschland erweitern die Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten ihrer Mitarbeitenden hinsichtlich der zeitlichen und räumlichen Lage ihrer Arbeit. Seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie häufen sich in den sozialen Netzwerken neben der Verbreitung des Homeoffice auch Bilder von Sonne, Strand und Laptop, die mit Kofferwörtern wie „Workation“ (Work + Vacation = Workation, Verlagerung des Homeoffice an Urlaubsorte) und „Bleisure Travel“ (Business + Leisure = Bleisure Travel, Verlängerung von Dienstreisen durch privaten Urlaub) umschrieben werden.

Während mobiles Arbeiten über nationale Grenzen hinweg lange Zeit eher auf Widerstand oder Unverständnis stieß, gewinnt diese neue Form der Arbeit an Bedeutung für die Gestaltung der Arbeitswelt von morgen. Dabei sind die Unternehmen unterschiedlich aufgestellt – einige haben bereits klare Richtlinien und Prozesse implementiert, andere stehen erst am Anfang oder haben sich noch gar nicht mit dieser räumlichen und zeitlichen Entgrenzung von Arbeit auseinandergesetzt.

Aktuelle Herausforderungen in den Unternehmen

Die Verknüpfung von Arbeiten und Reisen ist ein wichtiger Baustein im Employer Branding. Gleichzeitig ist die Umsetzung dieser neuen Konzepte eine komplexe Aufgabe. Viele Arbeitgeber sind unsicher, ob und wie sie die modernen Arbeitsmodelle verankern können. Das zeigen die ersten Ergebnisse eine Studie im Rahmen der Dissertation von Corinna Döpkens an der TU Dortmund: Interviews mit Expertinnen und Experten aus Unternehmen, die sich praktisch mit dem Thema beschäftigen, ermöglichen einen „Schulterblick“, wie Firmen das Thema angehen bzw. welche Chancen und Herausforderungen sich im Umsetzungsprozess ergeben können.

Zunächst zeigt sich in den Interviews, dass ein klares Verständnis der Begriffe Workation und Bleisure Travel fehlt. Häufig werden diese Kofferwörter synonym oder genau im falschen Kontext verwendet, was nicht selten weitreichende Folgen hat: Die Einordnung und strategische Umsetzung im Unternehmen wird erschwert. Es herrscht ein „Begriffschaos“ und damit verbunden Kommunikationsschwierigkeiten, die es zu lösen gilt.

Es fehlt zudem an einer ganzheitlichen Betrachtung der Anforderungen dieser neuen Arbeitsmodelle – sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Beschäftigtenseite. Viele Unternehmen konzentrieren sich derzeit auf die Prüfung rechtlicher oder steuerlicher Aspekte und vernachlässigen dabei die Auswirkungen auf individueller und zwischenmenschlicher Ebene. Dies betrifft nicht zuletzt die tatsächlichen Einstellungen und Erwartungen an eine flexible Arbeitsgestaltung. Das Thema ist in aller Munde, sehr präsent in den Medien und wird in einigen Vorstellungsgesprächen nachgefragt. Aber wie sieht es konkret im eigenen Unternehmen aus? Oftmals können die Firmen gar nicht genau beziffern, wie hoch die Nachfrage in den unterschiedlichen Beschäftigtengruppen nach Workation ist und welche Motivation bei den Mitarbeitenden dahintersteckt.

Hier macht es Sinn, eine Befragung durchzuführen, um den tatsächlichen Bedarf zu ermitteln und mit diesem Wissen ein zielgerechtes Angebot zu schaffen. Und zwar vor Implementierung eines aufwändigen und ggf. teuren Prozesses. Bei Unternehmen, die ortsflexible Arbeitsmodelle bereits ermöglichen, sollten die gemachten Erfahrungen geteilt werden. Um zu prüfen, an welchen Stellschrauben justiert werden muss, welche Informationen vorab ggf. nicht ausreichend waren und an welcher Stelle der Mitarbeitende sich mehr Unterstützung vom Arbeitgeber wünscht.

Corinna Döpkens, Business Travel & Mobility Expertin, PhD an der Heisenberg-Professur für Arbeits- und Organisationssoziologie, TU Dortmund, freie Autorin und Speakerin im Bereich „New Work & Reisen“

Nach oben scrollen