Was bei mobilem Arbeiten im Ausland zu beachten ist
Immer mehr DFK-Mitglieder fragen danach, ob sie jetzt, wo sie doch sowieso im Homeoffice arbeiten, nicht dieses Homeoffice auch ins Ausland verlegen können. Die Flexibilität ist nun da, die Arbeitsergebnisse – das haben wir alle nun festgestellt – leiden in den allermeisten Fällen nicht, insofern kann man die Mobilität ja auch nutzen: vielleicht für einen „Workation“-Trip in die Berge oder ins Häuschen auf Mallorca. Hier erfahren Sie, worauf Sie achten müssen.
Eins vorweg: Die bislang geltende pandemiebedingte Homeoffice-Angebotspflicht erstreckt sich nicht auf eine Tätigkeit in der ausländischen Ferienwohnung, die zudem streng genommen kein Homeoffice im eigentlichen Sinne darstellt, sondern präziser unter den Begriff des mobilen Arbeitens zu fassen ist. Äußert ein Arbeitnehmer den Wunsch, seine Tätigkeit aus dem in der ausländischen Ferienwohnung eingerichteten Arbeitszimmer heraus erbringen zu dürfen, bedarf diese besondere Form des mobilen Arbeitens auf Arbeitgeberseite einer gewissenhaften Prüfung. Denn die Verlagerung der Tätigkeit ins Ausland birgt eine Vielzahl rechtlicher Fallstricke, die vorab geklärt werden sollten:
1. Arbeitsvertrag
Um die Möglichkeit des mobilen Arbeitens im Ausland zu ermöglichen, sollte eine individuelle Vereinbarung abgeschlossen worden sein. Sie könnte dann speziell für das Ausland angepasst werden. Darin können die Bedingungen der Tätigkeit aus dem Ausland festgelegt werden – bspw. die Dauer des Aufenthaltes, Arbeitszeiten, ob und welche technische Ausstattung zur Verfügung gestellt wird und unter welchen Umständen der Arbeitnehmer vorzeitig auf Weisung des Arbeitgebers zurückkehren muss sowie datenschutzrechtliche Aspekte.
Um die Möglichkeit des mobilen Arbeitens im Ausland zu ermöglichen, sollte eine individuelle Vereinbarung abgeschlossen worden sein.
2. Steuerrecht
Tätigkeiten eines Arbeitnehmers in einem ausländischen Mobile Office führen auch zu steuerlichen Fragen, denen sich vor allem der Arbeitgeber stellen muss. Dabei ist relevant, ob er (nur) in Deutschland oder ggf. auch in einem anderen Staat Lohnsteuer einbehalten muss bzw. ob er ggf. eine Betriebsstätte im Staat des Mobile Office begründet.
Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer im Inland unbeschränkt steuerpflichtig und der Arbeitgeber hat unbeschränkt Lohnsteuer vom Arbeitslohn einzubehalten. Daran ändert auch die Tätigkeit in einem ausländischen mobilen Office grundsätzlich nichts. Etwas anderes kann jedoch dann gelten, wenn sich der Arbeitnehmer länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten im Ausland aufhält. In diesem Fall hat der Tätigkeitsstaat, d.h. der Staat, in dem sich das mobile Office befindet, das Besteuerungsrecht. Wenn Sie diese Grenze im Blick haben und klar einhalten, ändert sich steuerrechtlich nichts, so dass Probleme, wie z. B. auch eine neue Betriebsstätte, sich nicht stellen. Bei einigen Tagen oder z. B. ein paar Wochen ist dies also in jedem Fall unproblematisch.
3. Sozialversicherungsrecht
Wie für das Arbeits- und Steuerrecht stellt sich auch für das Sozialversicherungsrecht die Frage, welche Auswirkungen die Mobile-Office-Tätigkeit im EU-Ausland haben kann. Aus Sicht des Arbeitgebers ist relevant, in welchem Staat er sozialversicherungsrechtliche Pflichten zu erfüllen hat und ob dies ggf. zu höheren Kosten für ihn führt. Für den Arbeitnehmer ist demgegenüber vor allem relevant, ob er höhere oder geringere Abzüge von seinem Arbeitslohn erleidet, wie er, bspw. im Krankheitsfall, versorgt wird und ob er weitere Anwartschaften zusätzlich zu bereits erworbenen Positionen erwerben kann.
Aus Sicht des europäischen Verordnungsgebers soll ein Wechsel des anwendbaren Sozialversicherungsrechts aber möglichst unterbleiben.
Das anwendbare Sozialversicherungsrecht wird innerhalb der EU (sowie des EWR und im Verhältnis zur Schweiz) durch die Verordnung zur Koordinierung der Systeme der Sozialen Sicherheit (VO (EG) Nr. 883/2004) geregelt. Diese Verordnung legt fest, welches Sozialversicherungsrecht anwendbar ist, wenn ein Arbeitnehmer Anknüpfungspunkte (Tätigkeitsort, Wohnort …) zu mehreren Mitgliedstaaten hat, und knüpft grundsätzlich an den Tätigkeitsort des Arbeitnehmers an, d.h. an den Ort, wo er für den Arbeitgeber tätig wird. Bezogen auf Tätigkeiten in einem ausländischen Mobile Office könnte man deshalb zu dem Schluss gelangen, dass derartige Tätigkeiten dazu führen, dass der Arbeitnehmer in das ausländische Sozialversicherungssystem wechseln müsste. Aus Sicht des europäischen Verordnungsgebers soll ein Wechsel des anwendbaren Sozialversicherungsrechts aber möglichst unterbleiben. Deshalb soll ein Arbeitnehmer bei einer regelmäßigen Tätigkeit im Ausland ebenfalls im Sozialversicherungssystem seines Wohnsitzstaates verbleiben können, wenn er
- regelmäßig in Deutschland und im ausländischen mobilen Office tätig ist,
- seinen Wohnsitz in Deutschland hat und
- in Deutschland einen wesentlichen Teil seiner Tätigkeit ausübt oder
- nur bei einem Arbeitgeber beschäftigt ist, dessen Sitz in Deutschland liegt.
Diese Voraussetzungen werden häufig – auf jeden Fall, wenn man nur wenige Wochen im Ausland tätig ist – erfüllt sein, so dass bei regelmäßiger Tätigkeit eines Arbeitnehmers eines deutschen Arbeitgebers im ausländischen Mobile Office deutsches Sozialversicherungsrecht anwendbar bleibt. Innerhalb Europas wird die alleinige Sozialversicherungspflicht im Heimatstaat durch eine A1-Bescheinigung nachgewiesen.
Weniger eindeutig ist dies bei sehr häufigen, unregelmäßigen, kurzfristigen Tätigkeiten im Ausland. Hier ist ein Wechsel des Sozialversicherungssystems in jedem Fall unerwünscht, kann es doch bei mehrfachem Mobile Office zu einer Vielzahl von Wechseln kommen, was administrativ zu erheblichen Herausforderungen führen würde. Also hier bitte Vorsicht walten lassen bei häufigen „Workations“ ins Ausland.
4. Aufenthaltsrecht und Einreisebeschränkungen
Natürlich müssen Sie als Arbeitnehmer für den Aufenthalt im Ausland das entsprechende Aufenthaltsrecht besitzen. Innerhalb der EU sind EU-Bürger durch die Freizügigkeit privilegiert. Aufenthaltsrechtlich ist also der Wunsch einer EU-Bürgerin, das Mobile Office zur Familie in Italien zu verlegen, kein Problem. In Drittstaaten ist Erwerbstätigkeit dagegen in der Regel nur mit einem entsprechenden Aufenthaltstitel zulässig. Seit 1. Januar 2021 gilt dies auch für Staatsangehörige des Vereinigten Königreichs.
Und natürlich müssen Sie auch örtliche Einreisebeschränkungen sowie Quarantäne- und Untersuchungspflichten einkalkulieren.
In Drittstaaten ist Erwerbstätigkeit dagegen in der Regel nur mit einem entsprechenden Aufenthaltstitel zulässig.
5. Zusammenfassung
Eine vorübergehende, zusammenhängende Tätigkeit eines deutschen Arbeitnehmers aus dem mobilen Office im EU-Ausland von wenigen Wochen pro Kalenderjahr ist in der Regel in Absprache mit dem Arbeitgeber möglich und führt bei richtiger Ausgestaltung weder zu Änderungen im Hinblick auf die Anwendung deutschen Arbeitsrechts noch hat sie steuer- oder sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen. Rechtliche Bedenken des Arbeitgebers kann man so oftmals ausräumen.
Ist ein Arbeitnehmer dagegen länger als ein halbes Jahr oder gar dauerhaft aus dem Ausland heraus für seinen deutschen Arbeitgeber tätig, zieht das regelmäßig eine Vielzahl rechtlicher Konsequenzen nach sich, die vermieden werden sollten. Auch die Beurteilung von Fällen „dazwischen“, in denen ein Arbeitnehmer z. B. mehrere Monate, aber weniger als ein halbes Jahr aus dem Ausland heraus tätig sein möchte oder in denen der Arbeitnehmer über das Jahr verteilt in verschiedenen Ländern arbeitet, können mitunter rechtlich kompliziert sein und entsprechende Konsequenzen nach sich ziehen. Insofern ist zumindest auch hier dann Vorsicht geboten.