Reinhild Fürstenberg zu 1 Jahr Corona in der Arbeitswelt: „Wir dürfen uns alle auch mal auf die Schulter klopfen“

Reinhild Fürstenberg
©FürstenbergInstitut_Verena Reinke

Wie die Pandemie auf die psychische Gesundheit von Beschäftigten wirkt – und wie Führungskräfte ihre Teams aus dem kollektiven Stimmungstief holen

  • Stress und Erschöpfung bei Arbeitsnehmerinnen fast verdoppelt
  • Bedarf dringender Sofortberatungen deutlich gestiegen
  • Unternehmen brauchen gerade jetzt mental stabile Mitarbeiterinnen

Hamburg, 25. Februar 2021. Vor gut einem Jahr, am 11. März 2020, erklärt die WHO den COVID-19-Ausbruch offiziell zur Pandemie – mit weitreichenden Folgen für unser berufliches und privates Leben. Nach einem Jahr mit Kontaktbeschränkungen und Kurzarbeit, Homeoffice und Homeschooling zeigen sich nicht nur Ermüdungserscheinungen, sondern auch manifeste Auswirkungen auf die psychische Gesundheit.

Die Anfragen in der Mitarbeiter- und Führungskräfteberatung (EAP) des Fürstenberg Instituts spiegeln die Belastungssituation, denen Beschäftigte seit Frühjahr 2020 ausgesetzt sind. Die Beratungsanfragen sind seit Beginn der Pandemie insgesamt deutlich gestiegen: im hohen zweistelligen Bereich – und haben im zweiten Lockdown neue Höchststände erreicht. Daran ist deutlich erkennbar, dass der anhaltende zweite Lockdown noch schwerer auf den Menschen lastet als der erste. Fast alle Beratungsanfragen haben mittlerweile einen klaren Corona-Bezug. Auffällig ist branchenübergreifend eine starke Zunahme von Depressionen, Ängsten und Suchtproblemen. Viele Ratsuchende haben zudem Angst vor Krankheit und Arbeitsplatzverlust. Damit einher gehen Schlafstörungen und psychosomatische Beschwerden. Außerdem nehmen Konflikte in Partnerschaften und Familien zu.

„Das allgemeine Angstlevel der Bevölkerung ist durch die Pandemie erheblich angestiegen und Angst sorgt für eine Schwächung des Immunsystems“, sagt Reinhild Fürstenberg, Gründerin und Geschäftsführerin des Instituts, das seit mehr als 30 Jahren Marktführer in der Mitarbeiter- und Führungskräfteberatung (EAP) ist. „Auch langfristig rechnen wir mit einem hohen Anstieg psychischer Erkrankungen und einem kollektiven Stimmungstief. Wir müssen viel mehr die Menschen dazu befähigen, selbst dafür zu sorgen, dass sie psychisch gesund bleiben – es tut kein anderer.“

Die gute Nachricht: Viele Corona-Auswirkungen auf die Arbeitswelt können durch gute Führung relativiert werden. Beschäftigte in Führungspositionen sind somit mehr denn je gefordert, ihre Teams zu motivieren und psychische Belastungen zu managen.
„Viele Führungskräfte haben sich schnell auf die neue Situation eingestellt, eine gute Hands-on-Mentalität bewiesen – und führen mit viel Feingefühl und Umsicht. Insofern dürfen wir uns alle auch mal auf die Schulter klopfen: Was wir alles geschafft haben angesichts dieser nie dagewesenen Herausforderung!“, so Fürstenberg. „Aber Führungskräfte müssen auch in den nächsten Monaten ihre Mitarbeiterinnen gut im Blick und zusammenhalten. Denn nur die wenigstens Menschen verfügen über eine Marathon-Mentalität hinsichtlich ihrer Resilienz – das gilt übrigens gleichermaßen für Führungskräfte. Auch sie müssen gut auf sich achtgeben. Das vergessen leider viele – schließlich kann ein Team nur so ‚gesund‘ sein wie sein/e Chefin.“

Die Gesundheitswissenschaftlerin Reinhild Fürstenberg gibt drei Impulse, wie Führungskräfte ihre Teams aus dem Corona-Blues holen können:

Führen Sie sich und Ihrem Team auch kleine Erfolge vor Augen. Gehen Sie dabei nicht nur auf das schöne Ergebnis, sondern heben Sie die Einzelleistungen der Mitarbeiterinnen explizit hervor. Auch vermeintliche Selbstverständlichkeiten sollten Führungskräfte im Team wertschätzen – z. B. die stets pünktliche Gehaltsabrechnung durch die HR-Assistentin trotz Homeoffice mit zwei kleinen Kindern oder die neue digitale Ablage, die der IT-Kollege für das Team umgesetzt hat. Dieses Gesehenwerden der eigenen Arbeit trägt essenziell zur Motivation bei.

Tragen Sie mit Ihrem Team zusammen, was sie in diesem Corona-Jahr alles gemeinsam geschafft haben. Stellen Sie in dem Zusammenhang auch die Frage, ob wirklich alles schlechter geworden ist oder ob es manches gibt, das ihr Team beibehalten möchte. Haben Sie als Team aufgrund der virtuellen Zusammenarbeit vielleicht Abstimmungsprozesse erfolgreich verschlankt? Oder sind Sie alle miteinander in einen besseren Austausch auf Augenhöhe gekommen, weil jedem seine schweren Momente zugestanden wurden?

Üben Sie keinen Druck aus, wenn eine Mitarbeiterin den Kopf nicht frei hat angesichts der Belastungen des letzten Jahres und der anhaltenden Einschränkungen. Zeigen Sie Verständnis und bieten Hilfe an, z. B im Rahmen einer externen Mitarbeiterberatung. Schon nach dem ersten Beratungsgespräch fühlen sich rund 80 Prozent der Ratsuchenden wieder leistungsfähiger. Wer gerade in schwierigen Zeiten an dieser Stelle spart, tut das am falschen Ende. Denn letztlich entscheiden nicht Obstkorb, Kicker oder Dienstwagen darüber, wie die Mitarbeitenden durch und aus der Krise kommen, sondern gezielte Angebote, die die mentale Belastung reduzieren. Vor allem Unternehmen, denen die Coronakrise einen Dämpfer verpasst hat, werden nur stabile Mitarbeiter*innen wieder auf die Beine helfen können.

Das Fürstenberg Institut unterstützt seit 1989 Unternehmen und Organisationen dabei, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter und Führungskräfte nachhaltig zu verbessern, diese in Change-Prozessen zu begleiten und gesetzliche Regelungen im Gesundheitsschutz umzusetzen. Das eng vernetzte Angebot beinhaltet Mitarbeiter- und Führungskräfteberatung (EAP), Organisationsberatung, BGM, Weiterbildungsakademie und Work-Life-Service für mehr Vereinbarkeit und Zufriedenheit.


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