Versteuerung, Rückgabeort und Widerrufsvorbehalt

Der Arbeitgeber muss den Wagen beim Arbeitnehmer abholen, sofern vertraglich nichts anderweitig geregelt war

von Dr. Heike Kroll, Fachanwältin für Arbeitsrecht

Der Wagen ist bekanntermaßen des Deutschen liebstes Kind. Im Regelfall wird ein Dienstwagen dem Mitarbeiter auch zur privaten Nutzung überlassen. Darüber hinaus übernimmt der Arbeitgeber die weiteren Kosten wie Tanken, Serviceleistungen, Reparaturen etc. Alles nicht unpraktisch.

Daher wird – im gestörten oder beendeten Arbeitsverhältnis – nicht selten mit harten Bandagen um den Wagen gekämpft. Der Arbeitgeber entzieht dem Arbeitnehmer die Nutzungserlaubnis – der Arbeitnehmer weigert sich, den Wagen an den Firmensitz zurückzubringen bzw. überhaupt auszuhändigen. Schon häufig hat sich die Rechtsprechung mit diesem Thema auseinandersetzen müssen.

Der Arbeitnehmer hat den Dienstwagen, sofern die private Nutzung zugelassen ist, als geldwerten Vorteil zu versteuern

(Volle) Versteuerung – nur bei (voller) Nutzung

Die Überlassung eines Dienstwagens ist zwar von der Kostenseite interessant; sie erfolgt jedoch nicht ganz kostenfrei. Denn der Arbeitnehmer hat den Dienstwagen, sofern die private Nutzung zugelassen ist, als geldwerten Vorteil zu versteuern. In den allermeisten Fällen erfolgt dies mit der so genannten Ein-Prozent-Regelung. Für die alternative Möglichkeit – ein Fahrtenbuch zu führen, in dem zwischen Privat- und Dienstfahrten differenziert wird –  entscheiden sich die wenigsten.

Bei der Ein-Prozent-Regelung hat der Arbeitnehmer jeden (auch nur angefangenen!) Monat, in dem ihm der Wagen zur Verfügung steht, ein Prozent des Listenpreises des Wagens zum Zeitpunkt der Erstzulassung als Sachbezug zu versteuern. Als Listenpreis gilt die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer – selbst dann, wenn beim Kauf gar keine Umsatzsteuer angefallen ist.

Beträgt der Listenpreis z. B. 50.000 E, dann liegt der geldwerte Vorteil, der sich aus der privaten Nutzung ergibt, bei 500 E pro ­Monat. Auf diesen Betrag müssen Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, gegebe­nenfalls Kirchensteuer sowie Sozial­ver­sicherungsbeiträge gezahlt werden. Letzteres jedoch nur, soweit man mit dem Mo­natsgehalt unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt.

Wer seinen Firmenwagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz nutzen darf, bei dem erhöht sich bei Anwendung der Ein-Prozent-Regelung der monatliche pauschale Wert des geldwerten Vorteils für jeden Entfernungskilometer der einfachen Strecke um 0,03 % des Listenpreises.

Keine Regel ohne Ausnahmen: Fährt der Arbeitnehmer wegen einer Freistellung oder wegen eines längeren Urlaubs einen vollen Kalendermonat nicht zur Arbeit, entfällt für diesen Monat die Versteuerung der Entfernungskilometer zwischen Wohn- und Arbeitsort.

Der Dienstwagen bleibt sogar ganz steuerfrei, wenn der Arbeitnehmer mit seinem Dienstwagen ausschließlich von der Wohnung zum Arbeitsplatz fahren darf, die weitere private Nutzung jedoch ausgeschlossen ist. Denn nach der Auffassung des Bundes­finanzhofes sind die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht der Pri­vat-, sondern der Erwerbssphäre zuzuordnen (BFH, Urteil vom 06.10.2011, VI R 56/10).

Ebenso entfällt die Versteuerungspflicht für volle Kalendermonate, in denen der Arbeitnehmer den Wagen krankheitsbedingt nicht nutzen konnte und die Privatnutzung durch Familienangehörige ebenfalls ausscheidet (FG Düsseldorf, Urteil vom 24.01.2017, 10 K 1932/16 E). 

Den Nachweis kann der Arbeitnehmer durch ein ärztliches Attest oder durch eine Bescheinigung über einen stationären Krankenhausaufenthalt führen. In Betracht kommt auch ein so genanntes Begutachtungsprotokoll einer Fahrschule, die die Fahrtauglichkeit attestiert und am Ende der Erkrankung eine Fahrprüfung durchführt. Alternativ kann der Arbeitnehmer seinen Dienstwagen auch vom Arbeitgeber abholen lassen und sich die Abholung vom Arbeitgeber bescheinigen lassen.

Rückgabeort des Wagens

Klar ist, dass der Arbeitnehmer spätestens bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Recht mehr zum Besitz des Wagens hat. Das gilt unabhängig davon, ob es sich um einen Leasingwagen handelt oder um ein Fahrzeug, das im Eigentum des Arbeitgebers steht. Nicht selten streitet man aber darüber, ob der Arbeitnehmer verpflichtet ist, den Wagen zum Betrieb zurückzubringen oder ob der Arbeitgeber ihn am Wohnort des Arbeitnehmers selber abholen muss (so genannte Holschuld).

Nach dem Gesetz (§ 269 BGB) hat die Herausgabe „an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner … seinen Wohnsitz“ hat. Nach Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg vom 10.01.2013 (10 Sa 1809/12) sowie vom 02.02.2013 (10 Ta 31/13) gilt dieser Grundsatz auch im Arbeitsverhältnis. Der Herausgabeanspruch ist daher eine Holschuld – der Arbeitgeber muss den Wagen beim Arbeitnehmer abholen, sofern vertraglich nichts anderweitig geregelt war. Daher bietet es sich an, bereits im Arbeitsvertrag bzw. in der Dienstwagenüberlassungsvereinbarung festzulegen, dass der Wagen vom Arbeitnehmer an der Betriebsstätte zurückzugeben ist.

Krankheit, Mutterschutz und Elternzeit

Bei Krankheit muss der Arbeitgeber den zur privaten Nutzung überlassenen Dienstwagen für die Dauer der Entgeltfortzahlung weiter zur Verfügung stellen (BAG, Urteil vom 11.10.2000, 5 AZR 240/99). Nach Ablauf des sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraums darf der Arbeitgeber den Dienstwagen entschädigungslos entziehen – auch ohne dass dieses durch einen entsprechenden Widerrufsvorbehalt ausdrücklich im Vertrag geregelt worden ist.

Soweit man als Führungskraft oder Geschäftsführer Gehaltsfortzahlung für einen längeren Zeitraum als die gesetzlichen sechs Wochen erhält, ist davon die Nutzung des Dienstwagens für diesen Zeitraum als Sachbezug ebenfalls umfasst.

Nach Sinn und Zweck der §§ 11, 14 Mutterschutzgesetz (MuSchG) ist der Dienstwagen der Mitarbeiterin auch während der Schutzfristen vor und nach der Entbindung zur privaten Nutzung weiter zur Verfügung zu stellen. Endet jedoch im Anschluss an die Mutterschutzfrist die Gehaltszahlungspflicht des Arbeitgebers, kann dieser die Herausgabe des Wagens verlangen. Während der Elternzeit besteht somit kein weiterer Anspruch.

Widerrufsvorbehalt

Ist die private Nutzung des Dienstwagens vertraglich zugesagt, kann diese nicht einseitig vom Arbeitgeber widerrufen werden. In der Dienstwagenregelung oder im Arbeitsvertrag können jedoch Widerrufsvorbehalte vorgesehen sein.

Für die Wirksamkeit eines solchen Widerrufsvorbehaltes hat die Rechtsprechung bestimmte Grenzen aufgezeigt. So ist eine Klausel, nach der der Arbeitgeber jederzeit berechtigt ist, den Dienstwagen vom Arbeitnehmer herauszuverlangen, zu weitgehend und damit unwirksam (BAG, Urteil vom 11.10.2006, 5 AZR 721/05).

Es müssen also sachliche Gründe für die Ausübung des Widerrufsrechts genannt werden, damit die Klausel wirksam ist. Solche können zum Beispiel sein:

  • berechtigte Freistellung des Arbeitnehmers von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung
  • Änderung der Arbeitsaufgabe, wenn die Überlassung des Dienstwagens im Zusammenhang mit der Arbeitsaufgabe stand
  • Ruhen des Arbeitsverhältnisses
  • vollständige Freistellung des Arbeitnehmers gem. § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Pflegezeit
  • Verlust der Fahrerlaubnis oder Fahrverbot

Auch wirtschaftliche Gründe können grundsätzlich einen sachlichen Grund darstellen. Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2010 reicht es aber nicht aus, lediglich pauschal „wirtschaftliche Gründe“ anzugeben. Damit die Klausel wirksam ist, sind die „wirtschaftlichen Gründe“ näher zu spezifizieren (BAG, Urteil vom 13.04.2010, 9 AZR 113/09).

Ist die Klausel wirksam und liegen die genannten Gründe tatsächlich vor, kann der Arbeitgeber den zur privaten Nutzung überlassenen Dienstwagen herausverlangen. Eine Verpflichtung des Arbeitgebers, dafür eine Entschädigung zu zahlen, besteht grundsätzlich nicht.

Wichtig ist, dem Arbeitnehmer eine angemessene Auslauffrist zu gewähren, damit dieser Zeit hat, sich um ein Ersatzfahrzeug zu kümmern. Diese Auslauffrist sollte mindestens einen Monat betragen. Dass das Fehlen einer solchen Auslauffrist in den vertraglichen Regelungen die gesamte Klausel unwirksam macht, hat das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung aus 2012 nicht bestätigt. Es bedarf keiner Ankündigungsfrist für den Entzug in den vertraglichen Regelungen, jedoch in der Abwägung der Interessen einer Auslauffrist, weil der Arbeitnehmer durch den Entzug einen steuerlichen  Nachteil, d. h. einen tatsächlichen Nettolohnverlust erleidet und darüber hinaus auch noch einen Nutzungsausfall des PKW hat, so das BAG in seiner Entscheidung (Urteil vom 21.03.2012, 5 AZR 651/10). Um den Nettolohnverlust für den Arbeitnehmer niedrig zu halten, sollte der Entzug daher immer zum letzten Tag ­eines Monats erfolgen.

Fehlt es an einem Widerrufsrecht in der Dienstwagenregelung, liegt keiner der in der Klausel genannten Gründe vor oder ist die gesamte Klausel unwirksam, könnte der Arbeitgeber den Dienstwagen einseitig nur durch eine Änderungskündigung entziehen. Diese Voraussetzungen dürften im Regelfall nicht vorliegen.

Hinweis: Verbandsmitglieder können sich bei Fragen rund um ihren Dienstwagen an die Verbandsanwälte wenden. Wir beraten Sie gerne!

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