Die Münchner Museumstage

Mix & Match
„Dieses Mal wird es anstrengend!‘ – so begrüßt uns in der Pinakothek der Moderne die Kunsthistorikerin Daniela Thiel zur ersten Führung der Münchner Muse­umstage, die Dr. Dirk Schmidt wie in den Vorjahren für unsere Regionalgruppe Süd organisiert hat. Ist die „An­strengung‘ der Führung eine Warnung oder doch eher ein Versprechen? Bereits der erste Raum von „Mix & Match Die Sammlung neu entdecken‘ konfrontiert uns mit dem Konzept der Ausstellung: nicht nach Epochen, Malschulen oder Medien sehen wir die Kunstwerke hier zusammengestellt, sondern übergreifend bunt ge­mischt nach Themen gruppiert. Der Start mit August Mackes „Mädchen unter Bäumen‘ von 1914 ist farben­froh, lebendig bewegt, ein Klassiker voll heranwach­sender Individualität, und steht im krassen Gegensatz zum zweiten Werk im Raum. Der „Kindergarten Antonio Sant’ Elia‘ von David Claerbout 1932 ist über eine Vi­deoanimation künstlich bewegt, wirkt trotzdem starr, gleichförmig und wie eine Dokumentation in strengem Schwarz-weiß. Unsere Gruppe erarbeitet sich die Bilder selbst durch Reflexion und Diskussion vieler Fragen zu Wirkung, Interpretation und Erkennen der Darstel­lungen. Die Führung ist auf Interaktion und Mitmachen ausgerichtet, wozu wir durch unsere kundige Führerin animiert werden. Dadurch ist die Führung tatsächlich anstrengender, denn jeder ist gefordert und eingela­den, sich einzubringen. Belohnt werden alle Teilnehmer dafür durch ein intensiveres Eintauchen und Erfühlen der Zusammenhänge und Querverbindungen, warum so unterschiedliche Kunstwerke gemeinsam gezeigt wer­den. 90 Minuten vergehen wie im Flug.

JR: Chronicles
„Kann Kunst die Welt verändern?‘ steht als Frage bei unserer zweiten Führung in der Kunsthalle mit „JR: Chronicles‘ immer mit im Raum. Fotografien, die an Häu­ser geklebt werden, Collagen von Hunderten Menschen mit abrufbarer Information über jeden einzelnen, Videos von Reaktionen auf die Fotos – das ist die sichtbare Kunst des heute 39-jährigen Franzosen. In den Banlieus von Paris beginnend führt uns die Ausstellung über die ganze Welt. Das Ziel von JRs Kunst ist Dialog, Mauern im Kopf einzureißen, Standpunkte zu verändern und Men­schen sichtbar zu machen. Unglaublich, wie ihm das an der Grenzmauer zwischen Israel und Palästina gelingt: Übergroße Schwarz-Weiß-Fotos von Palästinensern und Israelis hängt er an beide Seiten der Mauer. Wütende protestierende Bürger wollen, dass die Bilder der je­weiligen „Gegenseite‘ wieder abgehängt werden, doch keiner kann zu den Bildern mit Bestimmtheit sagen, wer eigentlich wohin gehört. Es wird diskutiert, aufgeregt, viel gelacht, manchmal getanzt. Groteske Grimassen, aufgerissene Münder, Gesichter in Weitwinkelperspekti-ve verzerrt – die Bilder sind eher komisch, machen neu­gierig. Eine Ausstellung, die positiv stimmt, die zeigt, wie Veränderung und Dialog möglich sind, die so viel Mut macht. Da kann die begeisterte Teilnehmergruppe nur mit der Frage unserer großartigen Führerin Daniela Thiel schließen. „Wie genial ist das denn?‘

Simone Fischer, Dr. Dirk Schmidt – Vorstand RG Süd

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