Der Generationswechsel in den Unternehmen und seine vergebenen Chancen

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Bereits im Jahr 2011 hieß es u.a. im Vorwort eines Buches des Deutschen Handwerksinstituts: „Der demografische Wandel ist eine der wichtigsten gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit. Gesellschaft, Wirtschaft und Politik müssen sich darauf einstellen. …“

Zwölf Jahre nach diesem dringenden Appell, betrachte ich die aktuelle Situation und stelle mir die Frage, was in der Zwischenzeit eigentlich unternommen worden ist. Es abzusehen, dass die Demografie in den kommenden Jahren zu einer Herausforderung für Gesellschaft, Wirtschaft und Politik werden könnte, wenn die Weichen nicht rechtzeitig gestellt werden würden. Und trotzdem fehlte es an der notwendigen Ernsthaftigkeit ein sich anbahnendes Problem mit entsprechend zeitlichem Vorlauf anzugehen.

Bis zum heutigen Zeitpunkt werden in vielen Unternehmen immer noch finanziell äußerst attraktive „Pakete“ geschnürt, um insbesondere älteren Mitarbeitenden das vorzeitige Ausscheiden aus dem Betrieb und damit oftmals auch aus dem Berufsleben zu erleichtern. Gut ausgebildete Fach- und Führungskräfte, auf die die Wirtschaft eigentlich so dringend angewiesen ist, werden, teilweise beginnend mit dem 58. Lebensjahr, in die Altersteilzeit geschickt oder es werden Vorruhestands- oder aber Aufhebungsverträge angeboten. Eine gut qualifizierte Fach- bzw. Führungskraft steht dem Unternehmen damit nicht mehr zur Verfügung.

Folge dieser Unternehmenspolitik ist ein Loch, das die ausgeschiedene Person im Betrieb bzw. im Betriebsablauf hinterlässt und das (zumindest) nicht (unmittelbar) wieder geschlossen werden kann. Dies liegt u.a. an der demografischen Entwicklung der Generation der geburtenstarken „Babyboomer“. Langsam, aber sicher steuern die Babyboomer, also die Geburtsjahrgänge 1946 bis 1964, vollständig auf das gesetzliche Rentenalter zu. Die nachfolgenden Generationen, die nicht mehr so stark vertreten sind, können die ausscheidenden Älteren nicht mehr ersetzen.

Viele Unternehmen können dadurch offene Stellen entweder nicht mehr unmittelbar, nur zeitlich verzögert, mit qualifizierten Personen nachbesetzen oder müssen sogar eine geringere Qualifikation der Bewerbenden bei der Nachbesetzung in Kauf nehmen. Um dies zu vermeiden, greifen mittlerweile immer mehr Unternehmen auf eine Maßnahme zurück, die nur schwer nachzuvollziehen ist. Sie versuchen die Mitarbeitenden, die sie noch vor einiger Zeit für viel Geld aus dem Unternehmen „herausgelobt“ haben, wieder einzustellen, in dem sie ihnen wieder ein finanziell attraktives „Paket“ schnüren. Finde den Fehler!

Richtig geplant muss der Generationenwechsel, in dem wir uns alle befinden, für die Unternehmen aber nicht unbedingt mit einem Aufwand bzw. mit Nachteilen verbunden sein.

Ob nun „Digital Leadership“ oder „New Work“ genannt, letztendlich dreht sich alles um Veränderung. Ein wesentlicher Antreiber bei der Umsetzung des strukturellen Wandels in der Arbeitswelt war sicherlich der Beginn der Covid-19-Pandemie im März 2020. Die erforderliche Digitalisierung in den Unternehmen wurde von jetzt auf gleich beschleunigt. Flexibilität war plötzlich gefragt. Und damit einher ging auch das Umdenken in Bezug auf die veränderten Anforderungen und Bedürfnisse der nachkommenden Generationen. Diversität, Equal Pay, einfachere Bewerbungsverfahren, E-Recruiting, der Abbau von Hierarchien, flexible Arbeitsorte und -zeiten, Führen in Teilzeit sind nur einige Punkte, die den Generationswechsel für die Unternehmen doch noch zu einem Erfolg werden lassen können und werden.

Es ist noch nicht zu spät zu reagieren, obwohl es einfacher gewesen wäre, mit dem damaligen Wissen aktuell besser und effektiver aufgestellt zu sein.

Nils Schmidt

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