Unterscheidung tarifliche und AT-Angestellte

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Das Bundesarbeitsgericht (BAG) definiert außertarifliche Mitarbeitende regelmäßig als Arbeitnehmer, deren Tätigkeit höher zu bewerten ist als die Tätigkeit in der obersten Tarifgruppe und die somit eine über die höchste tarifliche Vergütungsgruppe hinausgehende Vergütung beziehen (siehe BAG, Urt. 25.04.2018 – 5 AZR 85/17 m.w. Nachw.).  Daher wird das Arbeitsverhältnis, losgelöst von einem Tarifvertrag, durch einen eigenen AT-Arbeitsvertrag geregelt. Für AT-Angestellte gibt es dann i.d.R. keine automatische Tariflohnerhöhung oder tarifliche Zulage etc.

Nicht selten stellt sich die Frage, ob ein AT-Angestellter mit seiner Vergütung noch über der höchsten tariflichen Vergütungsgruppe liegt und noch das sog. tarifliche Abstandsgebot gewahrt ist.

Eine Beurteilung ist dann erleichtert, wenn der eigentlich einschlägige Tarifvertrag selbst den Mindestabstand vorgibt. Einen solchen Fall hatte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 02.09.2020 – 15 Sa 396/20 zu entscheiden.

Sachverhalt zur LAG-Entscheidung

Der Kläger war seit 1988 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt auf Basis eines „außertariflichen“ Arbeitsvertrages vom 01.10.1995 als „Abteilungsleiter Lager“ mit einem Monatsgehalt von 4.000,00 DM.

Im Rahmen einer Änderungskündigung hat der Kläger 1998 eine Tätigkeit als Sachbearbeiter übernommen, bei ansonsten unverändertem Arbeitsvertrag. Nach regelmäßigen Erhöhungen blieb seine Vergütung ab Juli 2012 mit 2.621,00 EUR unverändert.

Laut Vergütungstarifvertrag betrug ab dem 01.07.2018 die tarifvertraglich festgelegte höchste Vergütung für die Bewertungsgruppe 9, Stufe 3 (BW 9, Stufe 3) 2.669,00 EUR. Im Manteltarifvertrag vom 11.07.2018 ist in § 1 Abs. 3 geregelt, dass dieser nicht für Mitarbeiter gilt, die ein Aufgabengebiet haben, das höhere Anforderungen stellt als die höchste Tätigkeitsgruppe verlangt oder denen auf außertariflicher Grundlage ein Jahresgehalt zugesagt worden ist, das höher ist als der Tarifsatz der für den Mitarbeiter anwendbaren höchsten Entgeltgruppe und höchsten Stufe dieser Entgeltgruppe x 13 plus 8 Prozent.

Der Kläger erhob Klage auf monatliche Vergütungsanpassung seit dem 01.07.2018.

Gemäß den Regelungen im Arbeitsvertrag wurde der Kläger als „außertariflich“ bezeichnet. Zudem wurde im Arbeitsvertrag des Klägers vereinbart, dass im Übrigen die Bestimmungen des jeweils gültigen Manteltarifvertrages (DAG-CSG) gelten sollen, soweit nichts Abweichendes im Arbeitsvertrag geregelt ist.

Der Kläger wurde von der Beklagten seit 1993 bis einschließlich Juni 2018, zuletzt mit einem Gehalt von 2.621,00 EUR höher vergütet, als die höchste Vergütungsgruppe nach dem Ver-gütungstarifvertrag (2.508,00 EUR). Ab 01.07.2018 erhöhte sich dieser Betrag auf 2.669,00 EUR und lag damit 48 EUR oberhalb der Vergütung des Klägers.

Nach Ansicht des LAG war der Kläger als AT-Angestellter einzuordnen und auch zu beurteilen, mit der Folge, dass seine Vergütung mindestens dem Tarifsatz der höchsten Entgeltgruppe und höchsten Stufe dieser Entgeltgruppe x 13 plus 8 Prozent entsprechen muss. Daher wurde dem Kläger neben den monatlich 48 EUR auch ein Zuschlag von 8 Prozent gewährt.

Nach aktueller höchstrichterlicher Rechtsprechung kann ein Arbeitsverhältnis, welches den Anforderungen eines Tarifvertrages an den AT-Status entspricht,  als außertarifliches Vertragsverhältnis nur dahingehend gedeutet werden, dass die Gehaltsbezüge den im MTV ausgewiesenen Mindestabstand aufweisen müssen, siehe hierzu etwa BAG Urt.v. 25.04.2018 – 5 AZR 85/17. Demnach bedarf es auch keiner gesonderten Anpassungsklausel.

Die Entscheidung des LAG bestätigt die bestehende Handhabung und Anwendungsgrundsätze des tariflichen Mindestabstandsgebotes durch das BAG. In der vorliegenden Entscheidung konnte auf einen konkreten Mindestabstand zur höchsten Tarifentgeltgruppe im Tarifvertrag selbst zurückgegriffen werden.

Fazit
Es lohnt sich auch für AT-Angestellte einen Blick in die Tarifverträge zu werfen, ob dort konkrete Vorgaben zum tariflichen Mindestabstand geregelt sind.

Viele Tarifverträge enthalten jedoch kein konkretes Abstandsgebot. Zudem ist häufig nicht transparent, welche Vergütungsbestandteile bei der Bemessung der Vergütung und Bewertung der Einhaltung des Abstandgebots heranzuziehen sind. In der Praxis erschwert dies die Prüfung und Durchsetzung von Mindestvergütungen für AT-Angestellte erheblich.
DFK-Mitglieder können hierbei gern auf die Expertise der DFK-Juristen zurückgreifen und sich beraten lassen.

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Diana Nier

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