Wem gehört der XING/LinkedIn-Account?

Vertriebler aufgepasst!

Im Zeitalter der Digitalisierung werden Social-Media-Kanäle genutzt, um die Kunden aktiv anzusprechen

Vertrieb ist das Herzstück vieler Unternehmen. Im Zeitalter der Digitalisierung werden immer mehr – ergänzend zu den klassischen Vertriebswegen – Social-Media-Kanäle genutzt, über die Kunden aktiv angesprochen werden, über die Anfragen von Kunden bearbeitet werden, über die Kunden Informationen erhalten …

Im Regelfall verwendet der Mitarbeiter dafür „scheinbar“ seinen eigenen Account – bei XING, LinkedIn, Twitter, Instagram und Co. Der Account enthält je nach Anbieter den Namen, die Position, die Kontaktdaten, den Lebenslauf und alle Kontakte – private wie auch geschäftliche. Gegenüber dem (doch eher privaten) Facebook gehören insbesondere XING und LinkedIn zu den in erster Linie beruflich genutzten Netzwerken.

Wem gehört der Kontakt?

Über diese Netzwerke mit Kunden zu agieren, ist kein Problem, sondern im Gegenteil sehr gewünscht, ggf. sogar Teil des Arbeitsauftrages, solange der Mitarbeiter im Unternehmen tätig ist. Immer wieder kommt es jedoch nach dem Ausscheiden des Mitarbeiters – insbesondere, wenn dieser zu einem Wettbewerber wechselt – zu Streitigkeiten. Denn verbleiben die Kunden beim Mitarbeiter, kann er diese Daten einfach bei seinem neuen Arbeitgeber weiterverwenden. Hart umkämpft sind die Kontakte gerade dann, wenn der Vertriebler seine Kunden nur bei „XING/LinkedIn“ gelistet hat. Häufig geht es auch nicht nur um die Kundenlisten selber, sondern um die wichtigen und nützlichen „weichen“ Faktoren rund um den Kunden: Welche Uhrzeiten sind bevorzugt, welches sind die Lieblingsgesprächsthemen, welche persönlichen Rahmenumstände liegen vor und dergleichen mehr.

Wem gehört der Account?

Der alte Arbeitgeber versucht, Unterlassungsansprüche, manchmal auch Herausgabeansprüche, mit der Behauptung, die Social-Media-Kontakte „gehören“ ihm, geltend zu machen. Da es sich um Daten handelt, dreht es sich also um die Frage, wer das Recht hat, die Kontakte und die damit verbundenen Informationen zu nutzen, bzw. wer das Recht hat, sie zu löschen. Die Arbeitsgerichte haben dazu leider bisher wenig abschließende Antworten geliefert.

Konkrete Regelung Fehlanzeige?

Auch fehlt im Regelfall eine konkrete Regelung im Arbeitsvertrag. Ausgangspunkt der Bewertung ist daher folgender allgemeiner arbeitsrechtlicher Grundsatz: „Dienstliche“ Daten – ebenso wie alle sonstigen Arbeitsergebnisse – gehören dem Arbeitgeber; private Daten dagegen dem Arbeitnehmer. Dieser Grundsatz gilt sogar ohne explizite arbeitsvertragliche Vereinbarung, alleine aus der arbeitsvertraglichen Nebenpflicht. Damit ist jeder Arbeitnehmer verpflichtet, spätestens im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die dienstlichen Daten herauszugeben.

Folglich wäre in einem ersten Schritt zu klären: Handelt es sich um einen rein dienstlich genutzten Account oder einen rein privat genutzten Account? Erfahrungsgemäß werden die meisten Accounts jedoch sowohl privat als auch beruflich genutzt, was die Bewertung nicht unbedingt erleichtert.

Mangels einer gesetzlichen Regelung und einer belastbaren Rechtsprechung der Arbeitsgerichte wird die Frage, wem die Kontakte gehören bzw. wer Eigentümer des Accounts ist, nach dem äußeren Erscheinungsbild und nach allgemeinen Bewertungen zu klären sein.

Für einen privaten Account spricht u.a.,

  • dass der Arbeitnehmer ihn mit seiner privaten E-Mail-Adresse nutzt,
  • dass er die „Mitgliedsgebühr“ selber trägt,
  • dass der Account schon vor Beginn des Arbeitsverhältnisses angelegt wurde.

Für einen beruflichen Account spricht u.a.,

  • dass der Arbeitnehmer ihn mit seiner dienstlichen E-Mail-Adresse nutzt,
  • dass der Account erst mit/nach Beginn des Arbeitsverhältnisses angelegt wurde,
  • dass der Arbeitnehmer die „Mitgliedsgebühr“ übernimmt,
  • dass der Arbeitgeber/das Unternehmen Teil des Accountnamens ist,
  • dass die Kontaktaufnahme im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit im Auftrag des Arbeitgebers erfolgt,
  • dass das Kennwort nicht nur dem Arbeitnehmer bekannt ist, sondern auch andere Mitarbeiter auf den Account zugreifen können.

Bei einem beruflichen Account handelt es sich um ein Arbeitsmittel. Damit kann der Arbeitgeber (spätestens) mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Herausgabe der Zugriffsmöglichkeiten auf den Kontakt sowie die gespeicherten Kontaktdaten verlangen.

Anders bei gemischt genutzten Accounts. Da diese Accounts auch private Kontakte und Nachrichten enthalten, muss der Schutz der Privatsphäre des Arbeitnehmers beachtet werden. Der Arbeitgeber ist somit nicht befugt, auf den Account zuzugreifen. Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer aber anweisen zu selektieren, welche Inhalte einen geschäftlichen Bezug haben und welche privater Natur sind. Die den Arbeitgeber betreffenden Daten müsste der Arbeitnehmer im Rahmen seiner nachvertraglichen Nebenpflichten an diesen herausgeben. In der Regel wird es für den Arbeitgeber aber schwierig sein, dem Arbeitnehmer nachzuweisen, ob er diesbezüglich vollständig und ehrlich informiert hat.

Arbeitgebern ist angesichts der unklaren Rechtslage zu raten, im Rahmen ihres Direktionsrechts Richtlinien (so genannte Social Media Guidelines) zum Umgang mit Social Media zu entwerfen. Auch durch Betriebsvereinbarungen könnte der Umgang mit Social Media näher konkretisiert bzw. vereinbart werden. Und Arbeitnehmer sollten darauf achten, zumindest die Mitgliedsgebühr selber zu entrichten und ggf. eine private e-Mail-Adresse zu hinterlegen. Auch sollte man die Login-Daten nur sehr selektiv weitergeben und das Kennwort regelmäßig ändern. Nicht selten wurden schon Mitarbeiter im Falle eines (streitigen) Ausscheidens (zumindest zeitweise) von ihrem eigenen Account ausgesperrt.

kr

Das Video sehen Sie unter diesem LINK: bit.ly/2Gd7tHF


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