Gendergerechte Sprache im Unternehmen verstößt nicht gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht

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Ein Rechtsstreit, der richtungsweisend sein könnte, da aktuell viel über die Frage diskutiert wird, ob Unternehmen ihren Mitarbeitenden die Verwendung gendersensibler Sprache vorschreiben dürfen, um Diskriminierungen zu vermeiden.

Mit Urteil vom 29.07.2022 (Az.: 83 O 1394/21) entschied das Landgericht Ingolstadt, dass Mitarbeitende dem Arbeitgeber grundsätzlich die Verwendung gendergerechter Sprache nicht untersagen dürfen.

Da die unterlegene Partei gegen das Urteil Berufung eingelegt hat, die derzeit vor dem Oberlandesgericht München (Az.: 21 U 5235/22) verhandelt wird, steht eine rechtskräftige Entscheidung noch aus.

Worum stritten aber die Parteien?

Die Beklagte, ein großer Automobilhersteller und Tochterunternehmens eines großen Konzerns, führte die geschlechtersensible Sprache im Unternehmen ein, um Diskriminierungen von Arbeitnehmenden zu vermeiden und sich für die Chancengleichheit einzusetzen. Sie erstellte einen Leitfaden, der die Verwendung von „Gender-Gaps“ (wie z.B. _ oder * oder : ) erklärte und vorschrieb. Dieser Leitfaden wurde an die Mitarbeitenden des Unternehmens sowie an die des Mutterkonzerns verteilt.

Der Kläger, ein Mitarbeitender des Mutterkonzerns der Beklagten, erhob Klage gegen das Unternehmen, da er sich durch die Einführung gezwungen fühlte gendergerechte Sprache umzusetzen. Er, der Kläger, fühle sich dadurch in seinem Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Absatz 1 iVm Art. 1 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt und mache daher einen Unterlassungsanspruch nach §§ 823 Absatz 1, 1004 Absatz 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog iVm Art. 2 Absatz 1, Art. 1 Absatz 1 GG geltend.

Interessanterweise sah sich der Kläger durch die Verwendung der gendersensiblen Sprache als Mann diskriminiert, da sich die geschlechtsgerechte Sprache, seiner Meinung nach, nur bzw. vorwiegend an Frauen richte und überwiegend diese anspreche.

Da der Kläger kein unmittelbarer Mitarbeiter der Beklagten ist, musste das Gericht zunächst nicht darüber entscheiden, ob Unternehmen ihre Arbeitnehmenden verpflichten können, gendergerechte bzw. -sensible Sprache zu verwenden. Diese Frage wird aber sicherlich in Zukunft noch Gegenstand gerichtlicher Verfahren sein, da mittlerweile viele Unternehmen ihre Mitarbeitenden dahin sensibilisieren geschlechtsneutrale Sprache zu verwenden, um gerade kein Geschlecht und somit keinen Personenkreis zu bevorzugen oder zu benachteiligen.

Das Landgericht konnte, im Gegensatz zum Kläger, keine Diskriminierung bzw. einen Ausschluss männlicher Personen im Unternehmen, durch die Verwendung der gendersensiblen Sprache erkennen. Das Unternehmen schätze männliche Mitarbeiter dadurch nicht auch geringer als weibliche oder queere. Das Schutzinteresse des Klägers überwiege daher nicht den schutzwürdigen Belangen der Beklagten, so das Gericht weiter.

Die Entscheidung des Landgerichts macht Sinn und wird sicherlich vom Oberlandesgericht München bestätigt werden.

Gendern spaltet die Gesellschaft, da es eine weitreichende Veränderung vom gewohnten Sprachgebrauch ist.

Sprache verändert aber auch die Gesellschaft und damit auch das Arbeitsleben. Wir sind es gewohnt in der männlichen Form zu kommunizieren und sprechen damit lediglich ca. 50 Prozent der Bevölkerung an. Mindestens 50 Prozent werden damit aber nicht angesprochen!

Nur, weil wir uns daran gewöhnt haben, ist diese Gewohnheit nicht besser, als einen neuen Sprachgebrauch, der keine Person ausschließt, einzuführen und umzusetzen.

Wir müssen anfangen umzudenken, um alle Personen anzusprechen. Das oft vorgebrachte Argument, dass gendern die deutsche Sprache verunstalte oder sogar „vergewaltige“ ist platt und wird der Notwendigkeit nicht im Ansatz gerecht.

Die deutsche Sprache verändert sich fortlaufend. Niemand spricht mehr wie vor gut 50 Jahren und schon gar nicht mehr wie zu Zeiten des oft vorgebrachten Goethe.

Die Umsetzung von Vielfalt in den Unternehmen, die schon längst in der Gesellschaft besteht, hört nicht dann schon auf, wenn (einzelne) Führungsposten mit Frauen besetzt werden.

Nils Schmidt

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