Höhere Freigrenze entlastet Angehörige

Jörg ten Eicken
DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte
Geschäftsführer
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

Wer pflegedürftige Eltern hat, soll künftig erst ab einem Jahreseinkommen von 100.000 Euro finanziell in die Pflicht genommen werden können. Dies sieht ein Referentenentwurf aus dem Bundesarbeits- und Sozialministerium vor, der Mitte August mit dem Ziel einer substanziellen Entlastung unterhaltsverpflichteter Kinder und Eltern sowie deren Familien vorgestellt wurde.

Bedürftige Angehörige in auf- und absteigender Linie sind einander zum Unterhalt verpflichtet, so sieht es das Familienrecht in den §§ 1601 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vor. Die Notwendigkeit einer pflegerischen Versorgung im Alter kann dabei insbesondere dann zu einem Verbrauch finanzieller Ressourcen mit der Folge von Bedürftigkeit führen, wenn das Vermögen des zu Pflegenden oder seines Ehegatten zusammen mit den Mitteln der Pflegeversicherung auch bei einem überdurchschnittlichen Versorgungseinkommen nicht reicht und Sozialleistungen beansprucht werden müssen. In diesem Fall konnten bisher Kinder mit durchschnittlichem Familieneinkommen im Rahmen eines sogenannten „Unterhaltsregresses“ zur Kasse gebeten werden. Zwar soll sich daran auch künftig nichts ändern, weil es nach Ansicht von Bundesminister Hubertus Heil „grundsätzlich zumutbar“ sei, dass Kinder und Eltern gegenseitig füreinander einstehen, jedoch soll die Freigrenze für die Inanspruchnahme wegen Elternunterhaltes deutlich angehoben werden und erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro möglich sein. Angehörige von pflegebedürftigen Eltern werden somit erst ab einem entsprechend hohen Einkommen für Pflegeleistungen in die Pflicht genommen werden. Damit sollen Missstände vermieden werden, dass Pflegebedürftige „nicht ins Heim gehen, obwohl sie zu Hause nicht mehr ausreichend versorgt werden können, damit ihre Kinder nicht belastet werden“, wird VDK-Präsidentin Verena Bentele in Medien der Funke-Gruppe zitiert.

Der DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte begrüßt in diesem Zusammenhang, dass die Einkommensgrenzen für die familienrechtliche Inanspruchnahme auf die schon geltende Einkommensgrenze für Leistungen der Sozialhilfe angehoben werden sollen.

Bei der Grundsicherung gilt nach § 43 Absatz 3 SGB XII bereits jetzt, dass Kinder und Eltern für den jeweils anderen erst dann eintreten müssen, wenn sie ein Jahreseinkommen von 100.000 Euro oder mehr haben. Zudem wird kraft Gesetzes vermutet, dass diese Grenze nicht erreicht ist. Die – potenziell unterhaltspflichtigen – Angehörigen müssen erst dann Auskunft über die Höhe ihres Einkommens geben, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ihr Einkommen höher ist. Eine entsprechende Vermutung, so DFK-Geschäftsführer Jörg ten Eicken, sollte zur Vermeidung von Verwaltungsaufwand bei der Prüfung von Einkommensnachweisen künftig auch für die Prüfung des familienrechtlichen Unterhaltsregresses gelten.

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Was ist Elternunterhalt? Unter Elternunterhalt versteht man die Verpflichtung von Kindern, für den Unterhalt der Eltern aufzukommen. Nach § 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Somit sind auch Kinder unter bestimmten Umständen verpflichtet, ihren Eltern Unterhalt zu gewähren. Voraussetzung hierfür ist, dass der Elternteil außerstande ist, sich aus eigenen Mitteln selbst zu unterhalten (§ 1602 Absatz1 BGB). Es muss eine Bedürftigkeit vorliegen. Eine Unterhaltsverpflichtung besteht daher erst dann, wenn der bedürftige Elternteil aus eigenen Einkünften, zu denen auch Leistungen aus der Pflegeversicherung gehören, und aus eigenem Vermögen, zu dem auch Allein- oder Miteigentum an einer Familienwohnung gehört, nicht in der Lage ist, seinen unterhaltsrechtlichen Bedarf zu decken

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