Jubiläum und 3. Leipziger Leadership Talk

100 Jahre DFK in Leipzig

Ein bestens aufgelegter Gerald Hüther bei seinem Impuls
© DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte

Knapp einen Monat vor der gemeinsamen Veranstaltung der HHL Leipzig Graduate School of Management und dem DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte zum Thema „Führen in Gemeinschaft“ war das 500 Sitzplätze umfassende AudiMax der Hochschule bereits komplett ausgebucht. Vor großer Kulisse konnte damit am 26. November 2019 die 100-Jahr-Feier des DFK in Leipzig im Rahmen des
3. Leadership Talks der HHL stattfinden.

Aus „naher Ferne“ und „ferner Nähe“ waren die Zuschauer* innen in die am 2. Oktober 1992 wiedergegründete Handelshochschule (Gründungsjahr 1898 mit Umbenennung im Jahre 2012 in HHL Leipzig Graduate School of Management) angereist, um neben dem Hauptreferenten Dr. Gerald Hüther, Deutschlands bekanntestem Neurobiologen und Autor zahlreicher Bestseller, Impulse der anschließenden Podiumsdiskussion u.a. mit Vorstandsmitglied Nils Schmidt vom DFK mitzunehmen.

Das Podium mit DFK-Vorstand Nils Schmidt (Mitte)
© DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte

Führung als Frage

Gastgeber Prof. Dr. Timo Meynhardt vom Dr. Arend Oetker Lehrstuhl für Wirtschaftspsychologie und Führung an der HHL, der im Anschluss auch die Podiumsdiskussion moderierte, drückte in der Begrüßung des so zahlreich erschienenen Publikums seine Freude darüber aus, dass die HHL gemeinsam mit dem DFK das 100-jährige Jubiläum des Verbandes in einem solchen Rahmen begehen konnte. In diesem Zuge begrüßte er ausdrücklich den DFK-Vorstand vor Ort, Michael Krekels und Nils Schmidt, sowie auch die vielen DFK-Mitglieder im Hörsaal. Die HHL beschäftige sich seit einiger Zeit intensiv mit der Frage guter Führung in Zeiten der Veränderung, so Meynhardt. So habe man dort das sog. Leipziger Führungsmodell entwickelt, das als Kompass in Zeiten des permanenten Wandels diene, in dem sich die mittel- und ostdeutschen Gebiete aktuell u.a. aufgrund der Beendigung der Braunkohleförderung befinden würden. In diesem Zusammenhang werden Fragen gestellt und beantwortet, die über die gesunde und effektive Menschenführung hinausgehen und insbesondere die Führung in der Gesellschaft betreffen.

Zu Beginn der Vorlesung frage er (Meynhardt) die Studierenden, wer denn von den Teilnehmer*innen Führungskraft werden möchte. Sämtliche Teilnehmer*innen würden sich erheben. Nach der Vorlesung würden doch einige der Studierenden sitzen bleiben, da die Fragen guter Führung nicht alle geklärt seien. Diese Veranstaltung, die im öffentlichen Raum stattfinde, diene aber, so Meynhardt, dazu, die Fragen zu erörtern, zu beantworten.

Prof. Meynhardt stellte dann, obwohl dies eigentlich nicht notwendig sei, den Hauptreferenten des Abends Dr. Gerald Hüther vor, den er als einen von wenigen „öffentlichen Intellektuellen“ bezeichnete, die wir in Deutschland hätten.

Hüther, der an der Universität Leipzig Biologie studierte und 1979 aus der DDR geflohen ist, forschte im Anschluss zunächst am Max-Planck-Institut auf dem Gebiet der Hirnentwicklungsstörungen und war dann u.a. in den 1990er-Jahren Heisenberg-Stipendiat. Er ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen und populärwissenschaftlicher Darstellungen. Als u.a. Sachbuchautor mischt er sich ein und ist seit 2015 Vorstand der Akademie für Potentialentfaltung.

Neurologische Erkenntnisse

Nach großem Begrüßungsapplaus erklärte Hüther zunächst, wie sich das Hirn frühkindlich bildet und im Laufe der Zeit durch immer neue Situationen neu strukturiert. Der beste Zustand für das Gehirn sei es, wenn möglichst wenig Energie verbraucht werde und man das Gefühl habe, „alles passt“. Er räumte aber auch ein, dass nur selten dieser „alles-passt-Zustand“ erreicht wird.

Ähnlich verhalte es sich mit Führung. Laut Hüther sei Führung nicht am Erfolg, sondern am „Gelingen“ zu messen. Führungskräfte sollten daher ihre Mitarbeiter als Subjekt statt als Objekt sehen und gemeinsam mit ihnen auf ein bestimmtes Ziel hinarbeiten. Dabei spielt ein hohes Maß an Selbstorganisation eine entscheidende Rolle. Autonomie und das Bedürfnis nach Verbundenheit sind für Mitarbeiter wichtig. Sie wollen sich selbst als „Gestalter“ fühlen.

Dr. Hüther ist davon überzeugt, dass die aktuellen Transformationsprozesse nur in Gemeinschaft, nicht als Einzelkämpfer zu bewältigen sind. Er sprach hier von sogenannten „Potenzialentfaltungsgemeinschaften“. Auch stellte der in Emleben Gotha geborene Hüther fest, dass die ostdeutschen Mitbürger am besten für die anstehenden Umbrüche gewappnet sein müssten. Denn diese haben bereits mit der Wende einen radikalen Umbruch von System und Lebenswirklichkeit miterlebt.

Mit viel Humor und kleinen Anekdoten erntete Hüther nach seinem Impuls verdient Standing Ovations im Hörsaal. Prof. Meynhardt ergänzte dann das Podium u.a. um DFK-Vorstand Nils Schmidt, Sven Ole Müller, Ultrasportler und Entrepreneur, sowie den Leiter des BMW-Werks Leipzig Hans-Peter Kemser. Müller hatte mit einem kleinen, zum Teil unerfahrenen Radteam das 5.000 km umfassende „Race across America“ gewonnen. Der Weg dahin war steinig und Hüther hatte das Team psychologisch begleitet. Der Erfolg kam mit der Erkenntnis, dass alles möglich ist, wenn man Teil eines funktionierenden Teams ist. Dazu ist es erforderlich, dass alle dasselbe Ziel verfolgen und es nicht auf Rechthaberei und Einzelgänger ankommt.

Hans-Peter Kemser, der Leiter des BMW-Werkes in Leipzig, bestätigte diese Aussage. Geraden in Zeiten von Transformation sei ein starker partizipativer Ansatz äußerst hilfreich. „Mehr Hirn ist besser als ein Hirn“, so Kemser. Dies ergebe eine wahnsinnige Kompetenz, die allen zugute komme.

Auf die anschließende Frage von Prof. Meynhardt an Nils Schmidt vom DFK, ob einem Arbeitsrechtler, der ja eigentlich in ganz klaren Bahnen denkt, nicht das Gehirn „quietschen“ würde, wenn er höre, dass sich das Arbeitsleben gerade in Hinsicht auf Führung und Verantwortung so stark verändere, antwortete Schmidt, dass das Gegenteil der Fall sei. Gesetzliche Regelungen seien zwar wichtig, so Schmidt, um den Rahmen abzustecken, Führungsverhalten selbst könne aber nicht von oben vorgegeben werden. Dies müsse sich entwickeln. Der DFK vertrete ein modernes Führungsbild. Die klassische Führung, die Befehl und Gehorsam verlangte, ist vorbei.

Auf die Frage, ob Führungskräfte tatsächlich ein Auslaufmodell sind, waren sich die Diskutanten dahingehend einig, dass zumindest in akuten Situationen eine Person die Vorgaben machen und Verantwortung übernehmen muss. Bei anstehenden Veränderungen werden größere Organisationen mit vielen Mitarbeitern die Transformation langsamer vollziehen können als kleinere Einheiten.

Nach zweieinhalb Stunden, die auch gefüllt waren mit vielen Fragen und Anregungen aus dem Publikum, endeten dann der 3. Leadership Talk und die Jubiläumsveranstaltung des DFK in Leipzig.

Beim anschließenden Get-together hatten Referenten wie Zuhörer noch viel Gelegenheit zum Netzwerken und Austausch untereinander.

Der DFK bedankt sich ganz herzlich bei dem Organisationsteam der HHL für die Ausrichtung dieser wegweisenden Veranstaltung und die professionelle Unterstützung und freut sich auf die weitere so erfolgreiche Zusammenarbeit!

dn/ns

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