„Jetzt geht`s los!“ 3 Tipps vor Unterzeichnung des Geschäftsführervertrages. Safety first oder Vollgas?

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Wenn Sie Ihren Entschluss den Gesellschaftern mitteilen die Geschäftsführung zu übernehmen, sollten Sie einige Vorüberlegungen anstellen, die in der Praxis vor der Vertragsprüfung/ Unterzeichnung nützlich sind (Die meisten Unfälle passieren am Schreibtisch….).

In der Beratungspraxis erlebt man die unterschiedlichsten Typen von Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern. Einige stürzen sich sofort auf die neue Aufgabe und unterschreiben den Geschäftsführervertrag ohne sich groß Gedanken über Rechte und Pflichten zu machen (Vollgastypen), während die andere Gruppe eher an Ihre eigene (Vertrags-) Sicherheit und Absicherung denkt (Safety first- Gruppe) und etliche „Was wäre wenn Konstellation“-gedanklich durchspielt.

Die optimale Lösung ist immer individuell zu sehen und liegt wahrscheinlich in der Mitte.

Einige Empfehlungen möchte ich Ihnen aus der Beratungspraxis vor Vertragsunterzeichnung und Prüfung des Geschäftsführervertrages mitgeben.

1 . Machen Sie sich Ihren neuen (zukünftigen) Status bewusst

Als Geschäftsführer/in schlagen quasi zwei Herzen in Ihrer Brust, da Sie eine Doppelstellung in Form von Anstellung und Bestellung haben (Trennungsprinzip). Nach § 6 Absatz 1 GmbHG muss die GmbH einen oder mehrere Geschäftsführer haben.

Der Geschäftsführer ist zum einen vertretungsberechtigtes Organ der Gesellschaft und zum anderen Angestellter bzw. Dienstnehmer der Gesellschaft. Die Bestellung regelt das Organverhältnis des Geschäftsführers zur GmbH, den Umfang der gesellschaftsinternen Zuständigkeiten und der Vertretungsbefugnis. Außerdem bedarf es darüber hinaus einer Regelung, die über das Organverhältnis hinausgeht. Normalerweise wird dies im Wege eines Dienstvertrages geregelt, seltener ist auch ein Auftrag bei Unentgeltlichkeit. Bei Konzernbeschäftigungsverhältnissen trifft man auch öfter eine Drittanstellung an, bei der der Geschäftsführer nicht bei der GmbH, bei der der Geschäftsführer bestellt ist, sondern bei der Aktiengesellschaft oft als Arbeitnehmer angestellt ist. Wichtig ist hierbei zu trennen, welchen Hut Sie gerade bei Ihrem Handeln aufhaben, sei es als Geschäftsführer/in der GmbH oder als Angestellte(r) der AG. Hier empfiehlt sich eine klare Trennung, da auch der unterschiedliche Status (sei es als Geschäftsführer oder Arbeitnehmer) auch unterschiedliche rechtliche Konsequenzen z.B. im Haftungsbereich haben kann.

2 . Klären Sie die Erwartungen der Gesellschafter an die Geschäftsführung ab

Fragen Sie vor Vertragsunterzeichnung, welche Erwartungen die Gesellschafter an Sie als Geschäftsführerin haben und welche Ziele erreicht werden sollen. Stimmt zwischen Ihnen und den Gesellschaftern die Chemie? Häufiger Trennungsgrund bei Geschäftsführern sind unterschiedliche Erwartungen und Strategien hinsichtlich der Ausrichtung der GmbH zwischen der Geschäftsführung und der Gesellschafterversammlung.

Falls von Ihnen von den Gesellschaftern erwartet wird, dass Sie zusätzlich zu der Geschäftsführung der in Deutschland ansässigen GmbH auch noch die Geschäftsführung von weiteren Tochterunternehmen übernehmen sollen muss Ihnen bewusst sein, dass das Arbeitszeitgesetz nach § 2 Absatz 2 und § 18 Absatz 1 ArbZG nicht für Geschäftsführer gilt und Sie den zu erwartenden Zeitaufwand für weitere Geschäftsführertätigkeiten evaluieren sollten. Unterschätzen Sie diesbezüglich bitte nicht den Arbeitsaufwand bei der Übernahme von weiteren Geschäftsführerpositionen und erfragen Sie, wie die Gesellschaft aufgebaut ist und wie viele Tochtergesellschaften es womöglich gibt.

Etwaige vereinzelte Übernahmen von weiteren Geschäftsführungen sollten sich dann auch in Ihrer Vergütung widerspiegeln.

Da Sie in Deutschland als Geschäftsführer/in bereits mehrere Hundert Gesetze zu beachten haben, sollten Sie sich aus Haftungsgesichtspunkten genau überlegen, ob Sie zusätzlich auch die Geschäftsführung für ausländische Tochterunternehmen übernehmen.

In der Beratungspraxis ist man hin und wieder überrascht, welchen Haftungsrisiken sich diesbezüglich einige Geschäftsführer/innen aussetzen, zumal Sie teilweise die jeweilige Sprache des Landes der Gesellschaft, in dem Sie als Geschäftsführer eingetragen sind nicht sprechen, geschweige denn sich auch nur ansatzweise mit dem jeweiligen Rechtssystem auskennen.

Klären Sie ebenfalls vor Unterzeichnung des Geschäftsführervertrages ob von der Seite der Gesellschafter geplant ist, Sie an der GmbH zu beteiligen. Man unterscheidet hier nach Fremdgeschäftsführern, nicht beherrschenden (Minderheits-) Gesellschafter-Geschäftsführern und beherrschenden Mehrheits-Gesellschafter-Geschäftsführern.

Fremdgeschäftsführer halten keinen Anteil an der GmbH und können auch kein Stimmrecht bei der Gesellschafterversammlung ausüben. Da der Fremdgeschäftsführer gegenüber der Gesellschafterversammlung ebenso wie der Minderheitsgesellschafter weisungsgebunden ist (§ 37 I GmbHG) und zum anderen gegenüber den Arbeitnehmern der GmbH das Direktionsrecht als Vorgesetzter ausübt und Arbeitgeberfunktionen inne hat, hat er/sie eine „Zwitterstellung“. Hiernach können auch teilweise im Einzelfall Arbeitnehmerschutzvorschriften entsprechende Anwendung finden. (Rechtssachen Danosa, Balkaya, Holtermann (vgl. Ausführungen inTeil 1 der Aufsatzreihe in Perspektiven 1 / 2021)). Möglich ist auch in den Geschäftsführeranstellungsvertrag die Anwendung von einzelnen Regelungen aufzunehmen, die eigentlich für Geschäftsführer nicht gelten (zum Beispiel Anwendung Kündigungsschutzgesetz und Zuständigkeit der Arbeitsgerichte kann vereinbart werden).

3 . Informieren Sie sich über die GmbH

Hin und wieder kommt es zu Pulssteigerungen bei Geschäftsführern, wenn man nach Kenntnissen hinsichtlich des Stammkapitals, der Satzung der GmbH und der Geschäftsordnung fragt.

Satzung / Gesellschaftsvertrag

Die GmbH kann nach § 1 des GmbHG zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck durch eine oder mehrere Personen errichtet werden. Hierbei haben die Gesellschafter eine weitgehendere Gestaltungsfreiheit als dies zum Beispiel bei der Satzungsregelung bei einer Aktiengesellschaft der Fall ist. Abweichungen der Satzung vom Gesetz bei einer Aktiengesellschaft (AG) sind nach § 23 Absatz 5 des Aktiengesetzes beispielsweise nur möglich, wenn dies gesetzlich zugelassen ist und ergänzende Bestimmungen nur zulässig, sofern das Aktiengesetz keine abschließende Regelung enthält. Im GmbHG wird auch vom Gesellschaftsvertrag (statt Satzung) gesprochen (§§ 2 Absatz 1, § 3 Absatz 1 und § 45 GmbHG, während das Aktiengesetz meist den Begriff Satzung verwendet (§§ 23 und 25 AktG).

Nach § 3 Absatz 1 des GmbHG muss der Mindestinhalt der Satzung (bzw. des Gesellschaftsvertrages) die Firma und den Sitz der Gesellschaft, den Gegenstand des Unternehmens, den Betrag des Stammkapitals und die Zahl und die Nennbeträge der Geschäftsanteile, die jeder Gesellschafter gegen Einlage auf das Stammkapital übernimmt). Hinsichtlich der Rechtsbeziehungen zischend der GmbH und den Gesellschaftern bzw. hinsichtlich den Gesellschaftern untereinander können die Gesellschafter freier entscheiden, als dies beispielsweise bei der AG der Fall ist. Die Satzungsfreiheit der GmbH bietet einen weiten Gestaltungsspielraum, den die Gesellschafter im Rahmen Ihrer Satzungsautonomie für Regelungen nutzen können, um den speziellen Verhältnissen der GmbH und den konkreten Interessen der Gesellschafter zu entsprechen.

Grenzen der Gestaltungsfreiheit der Satzung (Gesellschaftsvertrages) der GmbH finden sich insbesondere bei zwingenden gläubigerschützenden Normen, zum Beispiel bei Gesetzesbestimmungen zur Kapitalaufbringung und der Kapitalerhaltung der GmbH hinsichtlich des Mindeststammkapitals (25.000 € bei der GmbH und 1€ bei der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt))und bei den Regeln des Handelsgesetzbuches zur Rechnungslegung und Publizität.

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch der Minderheitenschutz. Zwar gilt grundsätzlich das Mehrheitsprinzip, Gesellschafter, deren Geschäftsanteile mindestens 10 % des Stammkapitals entsprechen, können nach § 50 Absatz 1 GmbHG berechtigt sein, unter Angabe des Zwecks und der Gründe die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zu verlangen, ebenso das Tagesordnungspunkte zur Beschlussfassung der Gesellschafter der Gesellschafterversammlung angekündigt werden (§ 50 Absatz 2 GmbhG). Falls man Ihnen als Geschäftsführer auch Gesellschaftsanteile anbietet, ist es sicherlich von Vorteil, wenn diese Anteile mindestens 10 % des Stammkapitals entsprechen.

Handelsregisterauszug

In der Praxis ist es auch wegen der Dynamik der Marktverhältnisse und Wechseln bei den Gesellschaftern und der Geschäftsführung ratsam sich den „Lebenslauf“ der GmbH in Form eines aktuellen Handelsregisterauszuges geben zu lassen oder einzuholen, indem alle bedeutenden Ereignisse der GmbH dokumentiert werden. Hieran erkennen Sie auch, wie oft in den letzten Jahren die Geschäftsführung gewechselt hat.

Gesamtgeschäftsführung / Einzelleitung

Sofern mehrere Geschäftsführer für die GmbH bestellt sind, sind diese nach § 35 Absatz 2 GmbHG grundsätzlich nur gemeinschaftlich zur Vertretung der GmbH befugt (Grundsatz der Gesamtgeschäftsführung). In der Praxis wird häufig davon abgewichen, da die Gesamtgeschäftsführung zu schwerfälligen Abstimmungsprozessen führt. In der Satzung werden daher zusätzliche Regelungen aufgenommen wie Einzelvertretungsberechtigung, unechte Gesamtvertretung (Geschäftsführer gemeinsam mit Prokuristen zur Unterschrift berechtigt), Ressortbildung, Ernennung eines Vorsitzenden der Geschäftsführung. In einer Geschäftsordnung wird die Aufgabenverteilung unter mehreren Geschäftsführer geregelt. Probleme können bei der Grenzziehung der Ressorts der einzelnen Geschäftsführer entstehen, wenn sich im Nachhinein keiner der Geschäftsführer für einen etwaigen Schaden verantwortlich fühlt und nicht zu ermitteln ist, wer von mehreren Geschäftsführern seine Pflichten verletzt hat. Vergessen wird öfters, dass auch bei Ressortaufteilungen die Mitgeschäftsführer die Pflicht haben, den/die zuständigen Geschäftsführer zu überwachen. Nicht übertragbare Aufgaben, die allen Geschäftsführern obliegen sind insbesondere Pflichten im öffentlichen Interesse wie z.B. Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern, Insolvenzantragspflicht, Rechnungslegungspflichten und Kapitalerhaltungspflichten.

Es wird von Geschäftsführern auch eine Risikoeinschätzung erwartet. Je größer die Gefahr ist, dass im Einzelfall Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt werden, umso weiter gehen bei einer Ressortverteilung unter Geschäftsführern die Anforderungen an die Überwachungspflicht der Mitgeschäftsführer.

Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Entscheidungen (z.B. BGH Urteil vom 06.11.2018 NZG 2019,225) ausgeführt, dass der Geschäftsführer einer GmbH für eine Organisation sorgen muss, die ihm zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht. Im gesetzlichen Kernbereich öffentlich-rechtlicher Pflichten kann die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer auch nicht beschränkt oder auf andere Organe, Mitarbeiter oder Berater übertragen werden.

Die wechselseitigen Überwachungspflichten von Geschäftsführern machen es erforderlich, dass sie untereinander ein weitgehendes Informationsrecht hinsichtlich aller Angelegenheiten der Gesellschaft haben. Lassen Sie sich vor dem Hintergrund nicht damit abspeisen, dass bestimmte Informationen nicht zu „ihrem“ Ressort gehören. Teilweise haben Sie sogar eine Erkundigungspflicht und müssen wenn eine Schieflage der GmbH eine Tätigkeit der Geschäftsführer verlangt unabhängig vom Ressort als Geschäftsführer eingreifen.

Sofern man diesbezüglich am Anfang Ihnen gegenüber nicht offen und transparent ist, sind spätere Diskrepanzen unter den Geschäftsführern und Gesellschaftern häufig vorprogrammiert. Auf der Geschäftsführerebene, auf der Sie sich (zukünftig) bewegen ist in der Praxis für die Dauer Ihres Engagements neben dem Erfolg der GmbH von wichtiger Bedeutung, ob die Chemie zwischen Ihnen und den etwaigen Geschäftsführerkollegen und den Gesellschaftern passt oder nicht.

Vielen Geschäftsführern ist nicht bewusst, dass sogar ständige Konflikte zwischen den Geschäftsführern einen wichtigen Grund zur Kündigung darstellen können, da deren Zusammenarbeit für das Tagesgeschäft unentbehrlich ist. Auch in Gerichtsverfahren wird oft darauf hingewiesen, dass aufgrund der besonderen Vertrauensstellung der Geschäftsführer zur Rechtfertigung einer Kündigung geringere Maßstäbe anzusetzen sind, als zum Beispiel bei einem normalen Arbeitnehmer. Vor diesem Hintergrund sollten Sie sich als zukünftige(r) Geschäftsführer /in überlegen, ob ihre neuen Geschäftsführerkollegen und Gesellschafter zu Ihnen passen und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich ist.

„Reich“ setzt sich zusammen aus „Re“ und „ich“ und passt in diesem Zusammenhang insofern, dass Sie zurück zu sich selber finden. Passen die GmbH, die Aufgabe, die Erwartungen, die etwaigen weiteren Geschäftsführenden und die Gesellschafter zu Ihnen oder nicht? Oftmals müssen Sie sich in diesem Zusammenhang auf Ihr persönliches Bauchgefühl bei Ihrer persönlichen Entscheidung verlassen. Vielleicht konnte ich Ihnen aber auch den einen oder anderen Impuls mitgeben, bevor wir uns in der nächsten Ausgabe der Perspektiven mit Tipps zu Geschäftsführervertragsbestandteilen befassen, damit Sie auch finanziell durch die neue Geschäftsführungsposition reicher werden.

Machen Sie sich Gedanken, keine Sorgen!

Für weitere Themenwünsche, Anregungen und Feedback können Sie mir gerne schreiben (E-Mail mit Betreff VGF an: flesch@dfk.eu).

Rechtsanwalt/ Fachanwalt für Arbeitsrecht Oliver Flesch

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