Kurzarbeit berechtigt zur Kürzung des Urlaubsanspruchs!

Michael Krekels
DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte
Vorstandsvorsitzender
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Bei der Berechnung des Jahresurlaubs ist zu berücksichtigen, wenn einzelne Arbeitstage durch Kurzarbeit vollständig ausfallen. Das Bundesarbeitsgericht hat in mehreren Entscheidungen vom 30. November 2021 unter den Aktenzeichen 9 AZR 234/21 und 9 AZR 225/21 entschieden, dass dies zu einer Neuberechnung und Kürzung des Jahresurlaubsanspruchs führt.

Dem Verfahren 9 AZR 225/21 lag der nachfolgende Sachverhalt zu Grunde: Die Klägerin war bei der Beklagten drei Tage wöchentlich als Verkaufshilfe mit Backtätigkeiten beschäftigt. Bei einer Sechstagewoche hätte ihr nach dem Arbeitsvertrag ein jährlicher Erholungsurlaub von 28 Werktagen zugestanden. Dies entsprach bei einer vereinbarten Dreitagewoche einem Urlaubsanspruch von 14 Arbeitstagen.

Aufgrund Arbeitsausfalls durch die Corona-Pandemie führte die Beklagte Kurzarbeit ein. Dazu trafen die Parteien Kurzarbeitsvereinbarungen, auf deren Grundlage die Klägerin unter anderem in den Monaten April, Mai und Oktober 2020 vollständig von der Arbeitspflicht befreit war und in den Monaten November und Dezember 2020 insgesamt nur an fünf Tagen arbeitete.

Aus Anlass der kurzarbeitsbedingten Arbeitsausfälle nahm die Beklagte eine Neuberechnung des Urlaubs vor. Sie bezifferte den Jahresurlaub der Klägerin für das Jahr 2020 auf 11,5 Arbeitstage. Dagegen hat sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage gewandt. Sie hat den Standpunkt eingenommen, kurzarbeitsbedingt ausgefallene Arbeitstage müssten urlaubsrechtlich wie Arbeitstage gewertet werden. Die Beklagte sei daher nicht berechtigt gewesen, den Urlaub zu kürzen. Für das Jahr 2020 stünden ihr weitere 2,5 Urlaubstage zu.

Bei der Entscheidung 9 AZR 234/21 hatte der Senat darüber zu entscheiden, ob die gleichen Grundsätze auch dann gelten, wenn die Kurzarbeit wirksam durch eine Betriebsvereinbarung eingeführt worden ist.

Die Kläger der entsprechenden Verfahren hatten auch vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg und die entsprechenden Urlaubstage für die anteilige Kurzarbeit standen diesen nicht zu.

Nach § 3 Abs. 1 BUrlG beläuft sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeit auf sechs Tage in der Woche auf 24 Werktage. Ist die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers nach dem Arbeitsvertrag auf weniger oder mehr als sechs Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt, ist die Anzahl der Urlaubstage grundsätzlich unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus zu berechnen, um für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer zu gewährleisten (24 Werktage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage).* Dies gilt entsprechend für den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien – wie im vorliegenden Fall – für die Berechnung des Urlaubsanspruchs keine von § 3 Abs. 1 BUrlG abweichende Vereinbarung getroffen haben.

Der kurzarbeitsbedingte Ausfall ganzer Arbeitstage rechtfertigt eine unterjährige Neuberechnung des Urlaubsanspruchs. Aufgrund einzelvertraglich vereinbarter Kurzarbeit ausgefallene Arbeitstage sind weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen, so das Urteil des Bundesarbeitsgerichts. Mithin besteht kein Anspruch auf Urlaub für Zeiten, welche kurzarbeitsbedingt ausgefallen sind.

Die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts führen konsequent die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und die des Europäischen Gerichtshofs fort. Durch den kurzarbeitsbedingten Ausfall der Arbeitsverpflichtung besteht auch kein Anspruch für diese Tage auf anteiligen Urlaub. Inwieweit diese Rechtsprechung auf Vertrauensurlaubsansprüche von Fach- und Führungskräften zur übertragen ist, dürfte hingegen fraglich sein. Durch die Regelung des Vertrauensurlaubs regeln Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine vom Bundesurlaubsgesetz abweichende Regelung, so dass ein anderer Sachverhalt vorliegt, der auch zu einer anderen Entscheidung berechtigen würde.

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