In vielen Unternehmen ist hybrides Arbeiten bereits Alltag. Auch wenn es einigen Führungskräften besser gefiele, die Mitarbeitenden wären wieder geregelt jeden Tag acht Stunden vor Ort, ist aufgrund von Fachkräftemangel das Eingehen auf die Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeitenden unumgänglich geworden. Auch neue Mitarbeitende wollen gern von der hohen Flexibilität des hybriden Arbeitens profitieren. Doch ein Onboarding im hybriden Arbeitsalltag bringt seine ganz eigenen Herausforderungen mit.
Ist es so schon nicht einfach in ein Unternehmen oder Team hineinzufinden, wird es noch schwieriger, wenn nicht jeden Tag alle vor Ort im Büro sind. Hatte ein neuer Mitarbeiter früher nach vier Wochen die einzelnen Teammitglieder:innen im Schnitt zwanzig Tage lang gesehen, sind es heute zwischen acht und 12 Tagen. Das macht es grundsätzlich schwieriger für sie, sich zu vernetzen und kann die Einarbeitungsphase massiv verlängern. Im schlimmsten Fall führt es dazu, dass neue Mitarbeitende gar nicht ankommen und deshalb noch in der Probezeit das Unternehmen wieder verlassen.
Festangestellte Menschen verbringen ein Drittel ihres Tages mit ihrem Lohnerwerb. Arbeit bietet jeder und jedem von ihnen einen anderen Nutzen und befriedigt die unterschiedlichsten Bedürfnisse. Wer gut ausgebildet ist und bereits Arbeitserfahrung nachweisen kann, hat gerade jetzt die Wahl: Verbringe ich acht Stunden damit, mich unsicher, auf mich gestellt und nicht zugehörig zu fühlen? In einem Umfeld, wo es allein um meine Arbeitskraft und gar nicht um mich als Menschen geht? Oder suche ich mir ein Team, bei dem ich mich willkommen und herzlich aufgenommen fühle? Aus diesen Fragen wird klar, wie wichtig gutes Onboarding heutzutage ist.
Zahlreiche Studien der letzten Jahre haben gezeigt, was ein gutes Onboarding generell beinhalten sollte:
- Unternehmenskultur: Neue Mitarbeitende brauchen eine Einführung in die jeweilige Unternehmenskultur, denn deren Werte, Mission und Vision können nur umgesetzt werden, wenn die Person sie durchdrungen hat.
- Vernetzung: Das Team, Kolleg:innen und Vorgesetzte kennenzulernen, ist ein wesentlicher Anker für viele neue Mitarbeitende. Nur so können sie neue Beziehungen aufbauen und sich ins Team integrieren.
- Organisation: Ebenfalls brauchen neue Mitarbeitende eine Einführung in das Unternehmen an sich. Welche Abteilungen gibt es? Welche Prozesse? Welche Produkte und Dienstleistungen werden angeboten, wer sind wichtige Kunden? Wer ist für was Ansprechpartner:in? Usw.
- Erwartungen: Neue Mitarbeitende sollten in ihre Aufgabenbereiche eingearbeitet werden. Sie müssen wissen, was in ihrer Verantwortung liegt und welche Leistung von ihnen erwartet wird.
- Weiterbildung: Sollten der einzuarbeitenden Person Wissen und Fähigkeiten für die Erledigung ihrer Aufgaben fehlen, braucht sie Schulungen und Weiterbildungen.
- Ressourcen: Alle notwendigen Ressourcen, wie Technologie, Tools, Arbeitskleidung etc., sollten den neuen Mitarbeitenden bereitgestellt werden.
- Feedback: Neue Mitarbeiter:innen sollten während des Onboarding-Programms regelmäßiges Feedback und Unterstützung erhalten, um sicherzustellen, dass sie sich wohl und unterstützt fühlen und um mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen und zu lösen.
Auch wenn Onboarding-Prozesse und -Überlegungen nicht neu sind, müssen sie im hybriden Arbeitskontext nochmal völlig neu gedacht werden. Als Führungskraft kann man sich zudem noch weniger darauf verlassen, dass die Person mit der Zeit schon alles mitkriegen wird. Deshalb benötigt die Einarbeitung neuer Mitarbeitender wesentlich gezieltere Planung.
Vor Arbeitsbeginn:
Ein Onboarding sollte schon beginnen, bevor neue Mitarbeitende ihren ersten Tag haben. In hybriden Teams wird empfohlen, dass zumindest ein Interview mit Teammitglieder:innen, die virtuell am Einstellungsgespräch teilnehmen, stattfindet um herauszufinden, ob der neue Mitarbeitende im hybriden Setting gut agieren kann oder hier noch Weiterentwicklungsunterstützung benötigt. Sobald der Vertrag durch neue Mitarbeitende unterschrieben wurde, gilt, mit ihnen regelmäßig in Kontakt zu treten. Dabei können aufkommende Fragen geklärt werden. Ungefähr eine Woche, bevor der erste Tag für die neuen Mitarbeitenden ansteht, sollte gemeinsam in einer Videokonferenz über den Start im Unternehmen gesprochen werden.
Der Aufbau von Beziehungen ist eine wichtige Komponente des Onboardings im hybriden Arbeitsalltag. Es kann schwierig sein, diese aufzubauen, wenn die Interaktionen überwiegend virtuell sind. Daher ist es wichtig, regelmäßige virtuelle und persönliche Interaktionen zwischen neuen Mitarbeiter:innen und anderen Kolleg:innen zu organisieren. Es empfiehlt sich deshalb mit einem Mentor:innensystem zu arbeiten, bedeutet: Neue Mitarbeitende bekommen jemanden an die Seite gestellt, der sie bei der Einarbeitung unterstützt. Der Kontakt zwischen Mentor:innen und neuen Mitarbeitenden wird optimalerweise bereits vor Arbeitsbeginn mit einem Videotelefonat hergestellt.
Die ersten ein bis vier Wochen:
Wenn möglich, sollte der erste Arbeitstag vor Ort im Unternehmen stattfinden. Der Start des Tages kann ein persönliches Treffen mit Mentor:innen und dem anwesenden Teil des Teams sein. Sollte das nicht möglich sein, bietet sich alternativ eine Videokonferenz mit Team und Mentor:in an. Sobald das Unternehmen mehr als eine Person einstellt, machen Einführungsveranstaltungen innerhalb der ersten Arbeitswochen Sinn. Neue Mitarbeitende miteinander ins Gespräch zu bringen ist dabei doppelt vorteilhaft: Sie bilden ein neues soziales Netzwerk, helfen und unterstützen sich gegenseitig und haben so auch zukünftig immer Ansprechpartner:innen im Unternehmen.
In den ersten Wochen sollten Mentor:innen und neuen Mitarbeitende regelmäßig im regen Austausch sein, vor allem, wenn die Mentor:innen die Arbeitsweise und Tools des Teams vermitteln. Die Verwendung von digitalen Tools ist ein wesentlicher Bestandteil des hybriden Onboardings. Es ist wichtig, sicherzustellen, dass die neuen Mitarbeiter:innen über die notwendige Technologie verfügen, um sich mit den Kolleg:innen zu verbinden, an Online-Meetings teilzunehmen und Zugriff auf wichtige Informationen zu haben.
Was ebenfalls in den ersten vier Wochen vermittelt werden sollte (entweder von Mentor:innen oder der HR-Abteilung) sind die Richtlinien des Unternehmens, wie Datenschutz, Arbeitsschutz etc.
Die ersten zwei bis vier Monate:
Sollten neue Mitarbeitende vorwiegend im Homeoffice arbeiten, sind Feedbackgespräche sehr wichtig. Die neuen Mitarbeitenden brauchen den Spiegel ihrer Führungskraft, sonst fällt es ihnen schwer, sich im Unternehmen zu verorten oder ihre Leistung richtig einschätzen zu können. In den Gesprächen kann Lob ausgesprochen werden und natürlich auch, wo man sich etwas anderes wünschen würde, auf diese Weise erlangen neue Mitarbeitende Sicherheit und werden dadurch produktiver. Es sollten mindestens zwei Feedback-Gespräche innerhalb der ersten vier Monate eingeplant werden.
Auch der Prozess des Teambuildings hat gerade in den ersten Monaten höchste Priorität, darauf sollten Führungskraft und Team aktiv hinwirken. Am besten spricht man mit den neuen Mitarbeitenden auch ab, dass es für die Einarbeitung besser ist, wenn sie anfangs häufiger im Büro anwesend sind und sie nach und nach mehr im Homeoffice tätig sein können. Es ist am Ende immer noch was anderes, jemanden in Videokonferenzen oder an der Kaffeemaschine zu treffen.
Die Mentor:innen bleiben auch in den ersten Monaten an der Seite ihrer Schützlinge und achten darauf, dass diese im Team eingebunden werden. Ein Vorteil von hybriden Teams ist, dass neue Mitarbeitende online schnell mal in einen Bereich reinschnuppern können – auch das zu nutzen bietet sich an. Schließlich kann man wesentlich besser um Unterstützung von Kolleg:innen bitten, wenn klar ist, was diese täglich so machen.
Ein hybrides Arbeitsmodell erfordert Flexibilität und Anpassungsfähigkeit von allen Beteiligten. Es ist wichtig, den Onboarding-Prozess entsprechend anzupassen und sicherzustellen, dass neue Mitarbeiter:innen Zugang zu allen notwendigen Ressourcen haben.
Zum Schluss möchte ich Ihnen noch einige Ideen für Onboarding-Rituale an die Hand geben, die neuen Mitarbeitenden dabei helfen werden, sich schneller im Unternehmen zurecht zu finden, wohlzufühlen und tolle Arbeit zu verrichten.
Ideen für Onboarding-Rituale
Virtueller Rundgang
Vor Ort gemeinsam einen Rundgang durch die Unternehmensgebäude zu machen ist zwar besser, aber nicht immer möglich. Trotzdem sollte dieser typische Einführungspunkt nicht übergangen werden. Führen Sie also Ihre neuen Mitarbeitenden innerhalb eines Videocalls durch die Räume. Machen Sie es Ihnen leichter, sich Orte, Menschen und Zuständigkeiten zu merken, indem Sie den Rundgang mit Erlebnissen und Geschichten anreichern. Nur zu sagen: „Das ist der Meetingraum, hier ist die Kaffeeküche, ok, das wars“, klingt wie eine Pflichtübung, statt wie ein herzliches Willkommen. Sollten Sie während des virtuellen Rundgangs auf Kolleg:innen stoßen, binden Sie diese mit ein, stellen Sie diese vor und übergeben ihnen auch gerne das Wort.
Organisation von „Wer sind wir?“-Terminen
Damit das Team die neuen Mitarbeitenden kennenlernen kann und umgekehrt, können Sie veranlassen, dass halbstündige Meetings geplant werden. Dafür verabredet sich jedes bestehende Teammitglied mit der neuen Person. Während des Meetings können folgende Themen besprochen werden: Aufgabenbereiche, derzeitige Herausforderungen, an welchem Projekt arbeiten sie sowie Fragenklärung.
Mitlaufen
Um den Arbeitsalltag hautnah mitzuerleben und auch informelle Kleinigkeiten, die die Zusammenarbeit bestimmen, mitzubekommen, können neue Mitarbeitende auch zwei Wochen virtuell bei Kolleg:innen mitlaufen. Mehr Einblick geht fast nicht.
Foto Challenge
Die neuen Mitarbeitenden bekommen die Aufgabe, innerhalb eines Monats 10 Fotos mit Kolleg:innen zu sammeln. Screenshots von Online-Treffen sind dabei genauso erlaubt, wie Fotos von realen Begegnungen.
Neueinsteigerseite
Ein ganze Website für neue Mitarbeitende zu gestalten, macht zwar erstmal Arbeit, erleichtert neuen Kolleg:innen aber die Einarbeitung. Erschaffen Sie dafür einen für alle frei zugänglichen virtuellen Ort, an dem alle wichtigen Informationen zu finden sind: Wer hat welche Durchwahl? Wie heißt Frau Mayer nochmal mit Vornamen? Wo werden die Dateien auf dem Server abgelegt? Die Seite kann zusätzlich zu vernetzungszwecken genutzt werden.
TransferTime
Die Onboarding TransferTime eignet sich hervorragend zur Vernetzung. Die neuen Mitarbeitenden lernen sich über ihre Position im Unternehmen hinaus kennen, bauen ein Netzwerk auf und wachsen ohne große Anstrengung in die Kultur des Unternehmens.
Zusammensitzen
Auf freiwilliger Basis können neue Mitarbeitende und ihre Mentor:innen in einem virtuellen Setting ein „Zusammensitzen“ simulieren. Dafür sind beide einfach die ganze Arbeitszeit über gemeinsam in einem virtuellen Meeting und arbeiten „nebeneinander“. Das ermöglicht den Einblick ins daily business: Man hört, wenn der andere telefoniert, kann Fragen gleich klären, Screens sharen und zeigen, wo man etwas findet usw.
Onboarding ist kein starrer Prozess
Nutzen Sie die Erkenntnisse, die Sie aus den Onboarding-Maßnahmen gewinnen konnten, indem Sie folgendermaßen vorgehen: Am Ende des Onboarding-Prozesses sollten sowohl die neuen Mitarbeiter:innen als auch das Unternehmen Feedback geben, um zu sehen, wie gut der Prozess funktioniert hat. Das trägt dazu bei, den Onboarding-Prozess zu verbessern und sicherzustellen, dass zukünftige neue Mitarbeiter:innen noch besser integriert werden.
Eva-Maria Kraus