Was Pferde uns über Führung verraten

© A. Henke

Am 1. Juli 2022 fand unter der Leitung von Frau Dr. Anja Henke, Geschäftsführerin der Carpe Viam GmbH, ein Schnupper-Workshop „Horse Assisted Professional Development“ statt. Die Teilnehmer lernten den theoretischen Hintergrund der Methode kennen, hatten selbst Gelegenheit für praktische Übungen mit den Pferden und reflektierten die Erlebnisse wie auch den Transfer in den Führungsalltag. Rund 15 Personen versammelten sich auf dem Gut Gützenhof in Ratingen/Hösel, um inspirierende Stunden zu verbringen. Alle, die mehr wissen wollen, können eine Unterlage zur pferdegestützten Führungsarbeit anfordern.

Warum „Horse Assisted Professional Development“?
Pferde sind ideal, um Menschen in der Führung zu spiegeln – ganz ohne Worte. Der Grund ist simpel. Das Flucht- und Herdentier Pferd lebt in definierten Hierarchien. Diese sind für das Überleben unabdingbar. Wenn das ranghöchste Tier eine unnötige Flucht initiiert, kostet das wertvolle Energie; umgekehrt kann eine Flucht zu wenig das Leben kosten.

Daher ist es logisch für ein Pferd, entweder zu folgen oder selbst die Führung zu übernehmen. Diesen klaren Instinkt nutzen wir, um die eigene Position zu erkennen: Wer führt, Pferd oder Mensch? Die Führerschaft wird über kleine Signale der Körpersprache ausgehandelt. Das tun wir Menschen auch, doch meist bleibt dies im Verborgenen. Hier werden die Dynamiken sichtbar. So folgt das Pferd dem Menschen dann, wenn dieser glaubwürdig, klar zu seinen Zielen und mit Selbstvertrauen handelt. Sonst übernimmt es selbst die Führung. Dabei ist das Pferd ehrlich und direkt, bleibt von formalen Positionen oder Titeln unbeeindruckt.

Auf diese Weise spiegelt das Pferd individuelles Führungs-, Verhandlungs- und Entscheidungsverhalten; es macht Wirkung transparent – sei es auf Mitarbeiter, Vorgesetzte, Kunden. Daher stehen die Pferde symbolisch für „Mitarbeiter“. Durch praktische Erfahrung, ergänzt durch Feedback und Reflexion, löst die pferdegestützte Vorgehensweise tiefgreifende Erkenntnis- und Veränderungsprozesse aus.

Führ-Übungen – was dabei deutlich wird
Alle Führ-Übungen finden sicher nur am Boden statt. Die erste Übung ist das Führen des Pferdes an Halfter und Strick durch einen kleinen Parcours. Dabei zeigt sich der präferierte Führungsstil. Schon das löst häufig große Aha-Erlebnisse aus.

Eine andere Übung ist das Bewegen des freilaufenden Pferdes. Hier wird deutlich, wie viel Energie der Mensch in die Führung steckt und wie viel (oder wenig) der „Mitarbeiter“ läuft. Auch Bewertungen von Führinstrumenten – hier sind das etwa Strick oder Gerte – kommen auf den Tisch.

Grundsätzlich ist es immer möglich, direkt ein anderes Verhalten – einen alternativen Führungsstil – auszuprobieren und damit den eigenen Handlungsradius zu erweitern. Hat beispielsweise ein Teilnehmer einen partizipativen Führungsstil, kann er oder sie einen etwas dominanteren Stil testen, etwa zügigen Schrittes das Ziel in den Blick nehmen und auf Gefolgschaft vertrauen. Beide Führungsstile haben Vor- und Nachteile; eine situativ passende Anwendung ist erforderlich.

Der Transfer in den Führungsalltag
Die Übersetzung der Erkenntnisse aus der pferdegestützten Führungsarbeit ist oft sehr klar, manchmal auch subtiler. Das Wissen um die eigene Präferenz in der Führung ist eine Basis, denn diese Stärken sind immer präsent. Zugleich wird deutlich, dass je nach Ziel und Persönlichkeit der „Mitarbeiter“ unterschiedliche Stile erforderlich sind – eben situative Führung. So kann ein klares Vorangehen das Tempo beschleunigen und Vertrauen in die Fähigkeiten des Folgenden stärken. Oder die eigene Energie kann reduziert werden, wenn der „Mitarbeiter“ freudig seine Arbeit annimmt; dann geht es nur noch darum, die Richtung zu weisen.

Zudem reicht die Wirkung des eigenen Körpers sehr viel weiter als von den meisten Teilnehmern angenommen. Schon kleine Signale – ein Schritt vor oder zurück, innere Ruhe oder Unruhe – können über Führen oder Folgen entscheiden. Die hier gewonnenen Erkenntnisse sind in jedem Fall nachhaltig, denn das Erlebnis mit den Pferden ist emotional und damit bleibend.

Teilnehmerstimmen
Das Feedback der Teilnehmer war durchweg äußerst positiv. Schon das Verlassen der Komfortzonen bei den praktischen Übungen mit einem Pferd, einem Tier von 500-600 kg Körpergewicht, wurde als große Bereicherung gesehen. Sowohl das eigene Erleben als auch das Beobachten der anderen Personen waren für alle bewegend. Etliche Teilnehmer waren überrascht über die Fülle der Erkenntnisse, die sich aus der pferdegestützten Arbeit ableiten lassen, ebenso über die praktische Relevanz für den Führungsalltag.

Darüber hinaus trug der Rahmen auf dem Gut Gützenhof und im Restaurant „Zum Jakob“ mit freundlicher Bewirtung zu einem rundum gelungenen Workshop bei.

Dr. Anja Henke
Vorstandsmitglied RG Düsseldorf

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