Schwerpunkt Konflikte
von Dr. Ulrich Goldschmidt, DFK-Senior Advisor
Schaut man sich ein wenig in der einschlägigen Literatur und Seminarlandschaft um, spürt man schnell, dass das Konfliktmanagement eine ganz eigene Wissenschaft ist. Ganze Bücherregale werden damit gefüllt, wie man entstandene Konflikte als Führungskraft in den Griff bekommt und Schlimmeres verhindert. Viel seltener wird darüber gesprochen und geschrieben, wie man mögliche Konfliktherde identifizieren und schon den Ausbruch von Konflikten idealerweise verhindern kann. Das mag daran liegen, dass der Begriff „Konflikt“ oft einen positiven Anstrich bekommt und mit Euphemismen wie „reinigendes Gewitter“ und „Klartext reden“ versehen wird. Oft genug geschieht dies aber nur, um eigenes Fehlverhalten beim Entstehen des Konflikts zu kaschieren und schönzureden. Ein Konflikt ist eben nicht nur die Sachdiskussion mit deutlichen Worten, die in der Tat hilfreich sein kann, sondern geht sehr viel tiefer, geht weit in den zwischenmenschlichen Bereich und in die menschliche Psyche. Konflikten vorzubeugen ist allemal besser und ressourcenschonender, als hinterher das zerschlagene Porzellan zusammenzukehren. Sind Beschädigungen von Menschen erst einmal geschehen, ist da häufig auch nichts mehr zu reparieren und die Folgekosten immens.
Daher wollen wir hier einmal die „Top 10“ der Konfliktauslöser insbesondere im Arbeitsleben vorstellen, bei denen das Führungsverhalten stets eine besondere Rolle spielt.
1. Keine Zeit
Beginnen wir mit dem Klassiker: „Ich würde ja gerne führen, aber ich muss ja auch noch arbeiten. Für Führungsaufgaben bleibt da oft keine Zeit.“ In der Tat hat auch eine DFK-Studie ergeben, dass nur 4 % der Führungskräfte mehr als 80 % ihrer Arbeitszeit für Führung aufwenden. Knapp 80 % der Führungskräfte sagen aber, dass sie sich gerade mal in der Hälfte ihrer Arbeitszeit um Führung kümmern können. Ein krasses Missverhältnis, wenn wir andererseits immer davon sprechen, dass die Mitarbeiter das wichtigste Kapital der Unternehmen sind und der Mensch im Mittelpunkt von Führung stehen soll.
Um es ganz deutlich zu sagen: Zeit hat man zu haben! Eine Führungskraft darf sich nicht in Sachbearbeiteraufgaben verzetteln, und Unternehmen dürfen Führungskräfte nicht als Obersachbearbeiter missbrauchen. Eine Führungskraft muss FÜHREN. Keine Zeit für Mitarbeiter zu haben, beinhaltet die fatale Botschaft an die Mitarbeiter: „Du bist mir nicht wichtig genug. Meine kostbare Zeit kann ich besser einsetzen, als mit dir zu sprechen oder Entscheidungen zu treffen, die die Mitarbeiter für ihre Aufgabenerledigung brauchen.“ Der Subtext in dieser Botschaft an die Mitarbeiter ist zudem: Wenn der Mitarbeiter nicht wichtig genug ist, kann es die Aufgabe ja auch nicht sein. Denn ansonsten würde sich die Führungskraft ja darum kümmern. Am Ende sind alle unzufrieden. Die Mitarbeiter, weil sie keine Wertschätzung erfahren, und die Vorgesetzten, weil die Arbeit nicht so erledigt wird, wie sie es sich vorgestellt haben. Der Konflikt ist da.
2. Die Sprache
Die Sprache ist nicht nur unser wichtigstes Kommunikationsmittel, sie ist zugleich ein scharfes Schwert, mit dem man verletzen kann. Grund genug, in der Führung und in der Zusammenarbeit sorgsam damit umzugehen. Das gilt für Führungskräfte gegenüber ihren Mitarbeitern, aber auch umgekehrt und ebenso in der Kommunikation unter Kollegen. Und der Hinweis „Man möge doch nicht immer jedes Wort auf die Goldwaage legen“ ist letztlich nur eine plumpe Ausrede und lahme Entschuldigung, wenn man sich mal wieder bei der Wortwahl vergriffen hat. Für diese Goldwaage gibt es nämlich kein staatliches Eichamt. Vielmehr ist sie sehr individuell justiert, so dass nicht alles, was ich selbst noch als sozialadäquates Kommunikationsverhalten empfinde, vom Gegenüber zwingend genauso verstanden wird.
Nun war das Arbeitsleben noch nie als Schutzbiotop für empfindsame Seelen bekannt und wird es wohl auch nicht werden, solange Menschen zusammenarbeiten. Aber ein achtsamer Umgang miteinander ist nun wirklich keine unerfüllbare Utopie. Respekt, Wertschätzung und Fairness sind Grundbedingungen guter Führung und sollten selbstverständlicher Teil jeder Unternehmenskultur sein. Auf dieser Basis kann auch sachliche und nicht persönlich verletzende Kritik mit klarer Ansage geübt werden. Aber die Bewertung von Arbeitsergebnissen als „armselig“, „jämmerlich“ oder „erbärmlich“ dient eben nicht der Sache, sondern ist der Versuch einer Machtdemonstration. Wer das nötig hat, ist als Führungskraft ungeeignet, denn mit verletzendem Verhalten provoziert man nur Gegenreaktionen, bei denen der Angesprochene zurückschlägt, die Sachebene komplett verlassen wird und ein persönlicher Kampf, ein Konflikt ausgetragen wird. Da dies von allen im Umfeld genauestens beobachtet wird, ist der Konflikt auch kaum noch zu begrenzen. Nur noch ein klares Bekenntnis zum eigenen Fehlverhalten und eine Entschuldigung können hier helfen.
3. Systembedingte Konflikte
Gar nicht so selten werden Menschen im beruflichen Umfeld auch in Konfliktzonen gebracht, die schlicht und ergreifend systembedingt sind. Typisch dafür sind z.B. unklare Verantwortlichkeiten, wenn Strukturen geändert, aber nicht zu Ende gedacht werden. Kommt dann noch fehlende Kommunikation und mangelhafte Entscheidungsbereitschaft und -fähigkeit auf der Führungsebene hinzu, ist der Konflikt vorprogrammiert. Mitarbeiter registrieren in solchen Kompetenzwirrwarr-Konstellationen, dass man ihnen zwar eine Aufgabe übertragen hat, dass aber plötzlich auch noch jemand anders an dieser Aufgabe arbeitet, womöglich sogar mit unterschiedlicher Zielsetzung. Engagierte Mitarbeiter werden um die Aufgabe kämpfen – untereinander und gegen die Vorgesetzten. Immer wird aber auch die Enttäuschung mitschwingen, warum es niemand für nötig gehalten hat, diesen Konflikt von vornherein zu unterbinden, und die Frage, ob der Arbeitgeber einem denn wirklich zutraut, die Aufgabe zu erledigen und ob hier Mitarbeiter vielleicht sogar gegeneinander ausgespielt werden sollen. Derartige Unsicherheiten sind ein veritabler Nährboden für Konflikte.
Verschärfen kann man solche Situationen noch dadurch, dass der Arbeitgeber anklingen lässt, diese Situation sei sogar absichtlich herbeigeführt, um einen Wettbewerb unter den Mitarbeitern zur „Besten-Auslese“ auszulösen. Ein solches Beförderungs-Casting hat aber nichts mit effektiver Zusammenarbeit zu tun, sondern ist nur ein Gladiatorenkampf, der aus den Arenen des alten Roms in die Büros heutiger Unternehmen verlegt wird.
4. Keine Entscheidungen – keine Sichtbarkeit
Als Führungskraft keine Entscheidung zu treffen, ist oft schlimmer, als eine falsche Entscheidung zu treffen. In einer hochkomplexen Arbeitswelt gehört es inzwischen zur Normalität und zum allgemeinen Lebensrisiko von Führungskräften und Managern, dass man Entscheidungen treffen muss, ohne Chancen und Risiken zu 100 % erkannt und bewertet zu haben. Auch bei bestehenden Restrisiken müssen aber Entscheidungen getroffen werden. Auch die Haltung, lieber keine Entscheidung zu treffen, wenn man sich nicht hundertprozentig sicher ist, dass es auch die richtige Entscheidung ist, birgt ein erhebliches Konfliktpotenzial.
Entweder entsteht ein lähmendes Entscheidungs-Vakuum, in dem nichts mehr passiert, oder man bereitet mit seinem Zögern den Nährboden für „Entscheidungen“, die dann aber andere treffen, und dies womöglich ohne Abstimmung untereinander. Man kann solche Situationen bewusst schaffen, indem man gezielt Alleinverantwortung an Mitarbeiter oder Teams delegiert. Entscheidungen dorthin zu verlagern, wo die größte Entscheidungs-Kompetenz liegt, ist überaus sinnvoll. Sich aber die Entscheidungskompetenz vorzubehalten und dann nicht zu entscheiden, löst einen Wildwuchs von Entscheidungen und Nichthandeln aus, in dem letztlich alle Beteiligten unzufrieden sind und sich in Schuldzuweisungen ergehen. Dies gilt umso mehr, wenn die Führungskraft Kompetenz-Wirrwarr und Entscheidungswildwuchs zulässt, um dann irgendwann doch zu entscheiden und allen anderen die Schuld für das entstandene Chaos zu geben.
Den gleichen Effekt wie fehlende Entscheidungen hat häufig die fehlende Sichtbarkeit von Führungskräften. Vielleicht steckt dahinter sogar die grundsätzlich positive Überlegung, dass man seine Mitarbeiter in Ruhe arbeiten lassen will, ohne ständig bei ihnen im Büro zu stehen. Das muss dann aber auch so kommuniziert werden. Wer ohne Erklärung jeden Tag um 15.00 Uhr das Büro verlässt oder den Großteil der Woche im Homeoffice verbringt, ohne dass die Mitarbeiter damit irgendeinen positiven Effekt für das Unternehmen verbinden können, sendet damit nur eine Botschaft: Was meine Mitarbeiter tun und denken, interessiert mich nicht. Solche Führungskräfte werden von ihren Mitarbeitern nicht respektiert, nicht ernst genommen und im Zweifel bekämpft.
5. Widerstreitende Ziele
Genau genommen gehören die „widerstreitenden Ziele“ mit in die große Kategorie der systembedingten Konflikte. Wegen ihrer Bedeutung und Verbreitung in der Praxis haben sie es aber als eigener Punkt in diese „Top 10“ geschafft. Derartige Ziele sind also nicht nur widersprüchlich, sondern schlimmer noch, sie können nur durch die Bekämpfung der Ziele Anderer erreicht werden. So finden wir immer noch Vergütungssysteme in den Unternehmen, bei denen mit individuellen Zielvorgaben bzw. -vereinbarungen für den Bonus gearbeitet wird und bei denen keineswegs sichergestellt ist, dass diese Ziele aufeinander abgestimmt sind. Wenn zwei Vertriebler um denselben Kunden streiten und sich wechselseitig bekämpfen und beim Preis unterbieten, liegt das Konfliktpotenzial auf der Hand.
Eine vergleichbare Situation haben wir bei Systemen zur Mitarbeiterbewertung, in denen zwingend eine Glockenkurve, die sogenannte Gauß-Kurve, abgebildet werden muss. Also einige sehr gute, einige schlechte und die meisten Mitarbeiter im Mittelfeld. Konkret bedeutet das, dass ein Mitarbeiter nur dann in der Spitzengruppe der Leistungsstarken liegen kann, wenn gleichzeitig mindestens ein anderer in die Gruppe der Low Performer einsortiert wird. In der Praxis führt dies dann schnell zum Kampf jeder gegen jeden. Wer dem Kollegen hilft, gut dazustehen, schadet sich in diesem System selbst. Abgesehen davon, dass das in den Unternehmen zu teilweise abstrusen Ausweichstrategien führt, wird auch hier Konfliktpotenzial ohne Not geschürt.
6. Integritäts-Zweifel
Verstoßen ein Unternehmen oder einzelne Vorgesetzte gegen die Spielregeln z.B. des Arbeitsrechts oder der Corporate Governance, verursachen sie damit beim Mitarbeiter einen Loyalitäts-Konflikt. Hat jemand, der selbst Verträge oder Gesetze nicht beachtet, noch Anspruch auf die Loyalität seiner Mitarbeiter? Wer will oder kann schon mit jemandem vertrauensvoll zusammenarbeiten, den er nicht mehr für integer hält? Vertrauensvolle Zusammenarbeit heißt eben auch Vertrauen auf Verlässlichkeit und Berechenbarkeit und Verzicht auf pure Willkür. Wird dieses Vertrauen enttäuscht, ist das Echo selbst häufig ein Integritätsdefizit. Verstößt der Arbeitgeber vorsätzlich gegen den Arbeitsvertrag oder nutzt Lücken im Arbeitsvertrag einseitig und ausschließlich zu Lasten des Mitarbeiters, darf man sich nicht wundern, wenn ein Mitarbeiter mit gleicher Münze zurückzahlt. Nimmt der Vorgesetzte es mit seiner Spesenabrechnung nicht so genau, setzt er damit Beispiele für die gesamte Abteilung. Neben einem gestörten Arbeitsverhältnis kann das zudem zu echten Compliance-Problemen führen.
7. Mikro-Management
Mikro-Management ist ein besonders konfliktträchtiges Fehlverhalten von Führungskräften. Mikro-Manager managen nur eins: ihr persönliches Misstrauen gegenüber den Mitarbeitern. Indem sie sich permanent in die Aufgabenerledigung bis ins Detail einmischen, signalisieren sie dem Mitarbeiter, dass sie ihm die ordnungsgemäße Aufgabenerledigung nicht zutrauen. Mikro-Manager verhalten sich nicht wie Führungskräfte, sondern wie Obersachbearbeiter, die sich in alles einmischen und die Aufgaben immer noch am liebsten selbst erledigen. Mit diesem Mikro-Management schnürt man die Mitarbeiter ein. Man signalisiert Misstrauen und nimmt den Freiraum zur Kreativität. Das Resultat sind unzufriedene, demotivierte Mitarbeiter, die im Zweifel auch zurückschlagen und den Chef gezielt auflaufen lassen, um ihm den Hang zur Einmischung gründlich auszutreiben.
Führungskräfte sollen Orientierung geben, moderieren und für die Mitarbeiter Rahmenbedingungen schaffen, damit diese ihre Aufgaben optimal erledigen können. Zu den Aufgaben von Führungskräften gehört es nicht, Mitarbeiter in ihrer Arbeit zu behindern. Man muss es leider so hart sagen: Menschen, die ihre Führungsaufgabe so missverstehen, darf man keine Mitarbeiter anvertrauen.
8. Veränderungen ohne das „Warum“
Alle Veränderungen, die sich nicht nur unterhalb der Wahrnehmungsschwelle abspielen, tragen ein erhebliches Konfliktpotenzial in sich. Sie verursachen bei den Menschen Unsicherheit, oft auch Angst und in der Folge Ablehnung und Widerstand. Selbst wenn man als Arbeitgeber meint, dass z.B. die Einführung einer neuen Software kein Problem darstellen dürfte, weil die den Mitarbeitern doch das Leben leichter machen wird, ist und bleibt es eine Veränderung, der viele mit Misstrauen begegnen. Es gibt bei Veränderungen keinen Automatismus, der bei Mitarbeitern in solchen Situationen sofort Freudenstürme auslöst. Wer bei Veränderungsprozessen vergisst, den Mitarbeitern das „Warum“ zu erklären, oder dies nicht will oder nicht für erforderlich hält, darf sich über Abwehrreaktionen in der Belegschaft nicht wundern. Die Mitarbeiter haben einen Anspruch darauf, dass man ihnen erklärt, warum die anstehende Änderung mit diesem Inhalt, zu diesem Zeitpunkt und mit welchen Auswirkungen geplant ist. Kann man dies als Arbeitgeber nicht nachvollziehbar erklären, sollte man seine Entscheidung unbedingt noch einmal überdenken.
Das „Warum“ ist also der entscheidende Schlüssel, um Mitarbeiter zu bewegen, die Veränderung konstruktiv mitzugehen. Das wird noch viel deutlicher bei großen Veränderungen gesellschaftsrechtlicher oder organisatorischer Natur. Werden z.B. Betriebe oder ganze Unternehmen aufgespalten oder fusioniert, steht die Unternehmenskultur vor ihrer Bewährungsprobe. Gerade bei Fusionen droht dabei ein echter „Clash of Cultures“. Die Frage, sinnbildlich gesprochen, ob wir gemeinsam rechts oder links um den im Wege stehenden Baum laufen, bekommt plötzlich existenzielle Bedeutung. Hier ist ein Höchstmaß an Kommunikation gefragt, bei der das „Warum“ im Zentrum steht. Vernachlässigt man das, beschäftigt man sich mehr mit Konfliktmanagement als mit Changemanagement.
9. „Viel Lärm um Nichts“
Laut einem Sprichwort erzeugt ein Stein in einem leeren Topf besonders viel Lärm. Und manchmal sind es auch im Berufsalltag plötzlich Kleinigkeiten, die eine überdimensionale Bedeutung erlangen und für Lautstärke sorgen. Theaterdonner oder nach Shakespeare „Viel Lärm um Nichts“ könnte man hier sagen und abwinken. Aber Vorsicht: Auch wenn man der Überzeugung ist, dass man sich selbst mit dem „Problemchen“, das den Mitarbeiter gerade aufregt, doch noch einen schönen Tag machen kann, kommt es doch darauf an, welche Bedeutung ihm der Mitarbeiter zumisst. Und dann stellt mit einem Schlag eine einmal nicht funktionierende Vertretungsregelung, ein fehlendes cc. bei einer Mail oder eine leicht verspätete Terminankündigung sämtliche Strukturen und die Führungsqualität des Unternehmens in Frage. Und genauso plötzlich kann sich mit einem Mal jeder an ein Ereignis in grauer Vorzeit erinnern, wo auch schon etwas nicht funktioniert hat. Daraus ist schnell ein vermutetes Muster für die Zukunft gestrickt: Es wird also nichts besser in diesem Laden! Der Aufwand, solche gefühlten Missstände und die daraus resultierende Unzufriedenheit wieder einzufangen, ist immens. Aus dem Theaterdonner ist ein echter Konflikt zwischen Mitarbeitern und Führung geworden. Viel einfacher wäre es, wenn die Führungskräfte für das Entstehen solcher Entwicklungen sensibilisiert wären. Dann könnten sie mit rechtzeitiger Aufklärung und Erklärung verhindern, dass die sprichwörtliche Mücke zum Elefanten mutiert. Das heißt aber, Führung und Mitarbeiter ernst nehmen und Zeit investieren.
10. Die ständige Suche nach dem Schuldigen
Der letzte Punkt unserer „Konfliktauslöser Top 10“ beginnt in der Regel mit den Worten „Du hast“ oder „Sie haben“. Psychologen bezeichnen diese wenigen Worte als Mutter aller Konflikte. Es wird persönlich. Schon am Satzanfang klingt der Schuldvorwurf an. Noch immer ist man in vielen Unternehmen davon überzeugt, dass die Suche und die Verurteilung eines Schuldigen die notwendigen Schritte sind, wenn etwas schiefgegangen ist. Ich kenne Führungskräfte, die fest davon überzeugt sind, dass man den Schuldigen am besten auch öffentlich „hinrichten“ muss, wenn man die Wiederholung eines Fehlers verhindern will.
Es ist meine feste Überzeugung, dass persönliche und womöglich noch öffentliche Schuldvorwürfe komplett sinnfrei sind. Man erzeugt damit ein Klima der Angst, denn jeder rechnet damit, der Nächste sein zu können. Kein Mitarbeiter wird dadurch besser. Niemand wird mehr etwas eigenverantwortlich entscheiden wollen, ohne sich nach allen Seiten abgesichert zu haben. Damit kann ich eine ganze Organisation lähmen. Was aber in einem solchen Schreckens-Regime besonders gut wächst, sind Rebellion und Aufruhr. Anstelle des persönlichen Schuldvorwurfs sollte am Anfang das Wort „Wir“ stehen, um gemeinsam mit den Mitarbeitern nach Wegen zu suchen, um künftig Fehler zu vermeiden oder den begangenen Fehler noch in einen Erfolg umzumünzen. Im Mittelpunkt unseres Interesses stehen doch nicht Fehler der Vergangenheit, sondern die Erfolge in der Zukunft. Fehler machen keinen Spaß, Erfolge schon. Persönliche Schuldvorwürfe lösen Konflikte aus, die Aussicht auf gemeinsame Erfolge beseitigt sie.
Fazit
Es ist kein Hexenwerk, im Arbeitsleben Konfliktpotenzial zu identifizieren und rechtzeitig gegenzusteuern. Voraussetzung ist aber, die Führungsaufgabe ernst zu nehmen, dafür genug Zeit zu investieren und nicht nur auf sich selbst zu achten, sondern achtsam wahrzunehmen, wie Mitarbeiter empfinden und reagieren.