KONFLIKTE IM TEAM
Wie schon seit einer Woche herrscht auch an diesem Dienstagmorgen im Großraumbüro einer Reederei Stille. Jeder Mitarbeitende arbeitet für sich, Gespräche finden vorwiegend auf der sachlichen Ebenen statt und die sonst so regen Gespräche auf dem Flur sind ebenfalls weniger geworden. Im letzten Teammeeting hat jeder nur das Nötigste angesprochen und auch die Performancezahlen des Teams haben in den letzten Tagen nachgelassen. Ein Grund für Bettina Färber*, die Führungskraft des Teams, heute etwas anders in das wöchentliche Teammeeting einzusteigen. Denn sie vermutet schon seit einiger Zeit, dass es einen unterschwelligen Konflikt im Team gibt, der dazu führt, dass es im Team aktuell nicht rundläuft. Und damit soll sie recht behalten.
Wo Menschen zusammenarbeiten, kommt es zu Konflikten. Aktuell wird das Wort Konflikt inflationär gebraucht und einfache Probleme oder Differenzen als Konflikt klassifiziert. Doch ein wirklicher Konflikt ist das Auftreten von gegensätzlichen Interessen oder Werten, oder anders gesagt: „Ein Konflikt ist immer ein nicht vollzogener Ausgleich von Interessen.“ Ein Konflikt ist in diesem Sinne ein Zustand hoher emotionaler Ladung, der Unsicherheit auslöst, weil er von den Beteiligten als schwer zu lösen angesehen und als gefühlte Abhängigkeit von anderen verstanden wird. Im privaten und unternehmerischen Kontext handelt es sich meist um Sach- oder Wertekonflikte – also ein Konflikt, der entweder auf ZDF (Zahlen, Daten, Fakten) oder auf unterschiedlichen Haltungen, Einstellungen oder Glaubensvorstellungen basiert. Konflikte behindern so die Leistungsfähigkeit, mindestens aber die Kommunikation in Teams Für Führungskräfte ist es daher wichtig, Konflikte frühzeitig zu erkennen, um die Leistungsfähigkeit und die Motivation des Teams aufrecht zu halten. Es kommt dann darauf an, die verursachenden Mechanismen gut zu analysieren. Dafür bedarf es einer gewissen Sensibilität, denn häufig werden unterschwellige Konflikte aus Angst vor Eskalation und emotionaler Belastung nicht nach außen getragen. Viele Menschen verfügen nur über eine unzureichende Konfliktlösungskompe-tenz und reagieren mit unverhältnismäßigen Mitteln. Wer hat sich nicht selbst schon dabei ertappt, aus einer beleidigten Position heraus zu argumentieren, anstelle sich auf Augenhöhe mit der anderen Person zu begeben und aus einer sachlichen Erwachsenen-Position zu sprechen? Vertiefende Erkenntnisse und Anregungen zu den Ich-Ständen finden sich in der Transaktionsanalyse von Eric Berne und sind für die Betrachtung von Konfliktsituationen sehr hilfreich.1
Was können Sie nun als Führungskraft tun, um Konflikte schnell zu erkennen und zu lösen und damit eine bessere Zusammenarbeit, mehr gegenseitigen Respekt und ein tieferes Verständnis für die einzelnen Mitarbeitenden im Team zu erreichen? Erkennen Sie Spannungen und Gereiztheit und achten Sie auf das Kommunikationsverhalten im Team. Wenn Sie merken, dass die Unzufriedenheit bei den Teammitgliedern steigt und der Informationsaustausch leidet, dann intervenieren Sie und eröffnen das Gespräch. Je nach Ausprägung des Konfliktes können Sie als Führungskraft an dieser Stelle nur die Rolle eines Mediators oder Coaches übernehmen. Schaffen Sie eine vertrauensvolle Umgebung. Wichtig ist, dass Sie den Interessenausgleich zwischen den Konfliktparteien initialisieren. Auf diese Weise wird die Sprachfähigkeit wieder hergestellt. Um den Konflikt kompromissfähig zu machen, helfen zum Beispiel Perspektivwechsel und eine Versachlichung, um die Emotionen rausnehmen, das Thema sozusagen zu ‚normalisieren‘.
Wir nutzen bei der Perspektiv-Consulting GmbH den Ansatz und bedienen uns der Elemente der gewaltfreien Kommunikation2. Jeder Mensch wünscht sich, respektvoll gehört und verstanden zu werden, dass seine Gefühle anerkannt werden, dass seine Integrität und Würde gewahrt werden und die Bedürfnisse und Wünsche erfüllt werden. Die Austragung und Lösung der Konflikte sollte so positiv wie möglich gestaltet und die Führungskraft im Rahmen des Prozesses als Dolmetscher und Brückenbauer verstanden werden. Dafür liefert das Konzept der gewaltfreien Kommunikation gute Ansätze. In sehr verfahrenen Situationen bietet sich unbedingt das Hinzuziehen eines unbeteiligten Coaches oder Mediators an. Der DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte verfügt hier über ein gutes Netzwerk und bietet ein erstes kostenloses Coaching über die Perspektiv-Consulting GmbH an.
In sehr verfahrenen Situationen bietet sich unbedingt das Hinzuziehen eines unbeteiligten Coaches oder Mediators an
Kommen wir zurück zu Bettina, der Führungskraft aus der Einleitung des Artikels. Sie hat ihre Beobachtungen der letzten Zeit mit dem Team geteilt und eine vertrauensvolle Basis für alle Teammitglieder geschaffen. Das hat es ermöglicht, dass sie dem Konflikt einen Namen geben konnten und sich alle gemeinsam des Themas angenommen haben. In einem kurzen Brainstorming wurden mögliche
Die Führungskraft sollte immer auch den wichtigen und letzten Schritt der wahrgenommenen Qualität der Lösung im Prozess der Konfliktbewältigung beachten: die Frage nach der Veränderung/Lösung der bestehenden Situation. Ist die Konfliktlösung der Typ „Anpassung“, bei dem die eine Partei die eigenen Bedürfnisse denen der anderen Partei unterordnet? Dann besteht die Gefahr, dass der Konflikt in Zukunft weiterschwillt, ähnlich wie beim Typ „Konkurrenz“, wo nur das eigene Bedürfnis berücksichtigt wird, ohne auf die Bedürfnisse des anderen einzugehen. Anzustreben ist am besten die Lösung in Form eines fairen „Kompromisses“, bei dem jeder gleichermaßen nachgibt und bekommt, oder noch besser eines „Konsens“, also die befriedigende Berücksichtigung der Bedürfnisse beider Konfliktparteien. Daraus lässt sich für Teams ableiten, dass gemeinsame Realitäten und Interessen erkannt und verändert werden. Ein wertvoller Entwicklungsschritt ist somit erreicht und das Team geht gestärkt aus der Situation heraus. Denn wie es immer so schön heißt: „Ein gelöster Konflikt ist besser, als nie einen gehabt zu haben.“
Über den Autor
Jörg Janßen ist geschäftsführender Gesellschafter bei der Perspektiv-Consulting GmbH. Er ist Experte für Führung, Vertrieb und Persönlichkeitsentwicklung. Die Perspektiv-Consulting GmbH ist langjährige Kooperationspartnerin des DFK.
1 Mehr dazu im Buch: Transaktionsanalyse der Intuition von Eric Berne
2 Mehr dazu im Buch: Gewaltfreie Kommunikation von Marshall B. Rosenberg